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HOAI.de - Forum : Allgemeines : Aufgabenverteilung in Bauüberwachung zw. Objektplaner (Architekt) u. fachl. Beteiligtem (Fach-Ing.)
Beitrag von Nachricht
Dipl-Ing
Level: Jr. Member
Beiträge: 1
Registriert seit: 19.03.2012
IP: Logged
icon Aufgabenverteilung in Bauüberwachung zw. Objektplaner (Architekt) u. fachl. Beteiligtem (Fach-Ing.)

Hallo,

in der Literatur findet man zur Koordinierungspflicht des Architekten die Aussage, dass der Architekt dafür sorgen muss, das die verschiedenen Bauarbeiten bzw. Arbeiten der verschiedenen Gewerke sachdienlich und zeitlich aufeinander abgestimmt sind. Die Koordinierungspflicht endet dort, wo es um die Abstimmung der Leistungen von mehreren Sonderfachleuten oder Spezialunternehmen geht, deren Fachgebiet der Architekt nicht beherrschen muß. Hier trifft die beteiligten Sonderfachleute die Koordinierungspflicht für ihren Tätigkeitsbereich.

Mir geht es genau um die Aufgabentrennung bei dieser Koordinierungspflicht zw. Architekt und Sonderfachleuten.

1.
Gibt es Texte, wo diese Schnittstelle genau beschrieben ist?

folgender Sachverhalt:
Bei einem goßen Bauvorhaben sind neben dem Objektplaner (Architekt) mehrere fachlich beteiligte (Ing.-Büros) mit der Objektüberwachung ihrer Gewerke (TGA) beauftragt.

Den fachlich beteiligten Objektüberwachern ist es aufgrund eines zu grob gefassten Bauzeitenablaufplanes des Architekten nicht möglich, Einsatztermine für die TGA-AN (AN=Auftragnehmer) festzulegen. Die AN der TGA-Gewerke müssen ihre Leistungen dadurch nahezu auf Zuruf ausführen. Dies betrifft v.a. AN, die nur selten und nicht regelmäßig vor Ort sein müssen, um ihre Leistungen zu erbringen.

Folgende Fragen:
2.
Wer ist für die terminliche Koordinierung der Gewerke (auch der TGA-Gewerke) verantwortlich?

3.
Kann der fachlich beteiligte Objetüberwacher vom Objektüberwacher des Architekten einen Terminplan erwarten, aus dem ersichtlich ist, wann die Gewerke vor Ort sein müssen, um ihre Leistungen zu erbringen?

4.
Kann vom AN erwartet werden, dass er seine Leistungen auf "Zuruf" ausführt? Auf was für einen Terminvorlauf hat er Anspruch?

Vielen Dank im Voraus.




[Edited by Dipl-Ing on 19.03.2012 at 21:42 Uhr]

19.03.2012 at 21:40 Uhr
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fdoell
Level: Moderator
Beiträge: 2442
Registriert seit: 10.01.2003
IP: Logged
icon Re: Aufgabenverteilung in Bauüberwachung zw. Objektplaner (Architekt) u. fachl. Beteiligtem (Fach-Ing.)

Guten Tag,

welche Leistungen die einzelnen Planer schulden, ergibt sich aus dem jeweiligen Vertrag; darüber kann es keine allgemeine Definition geben.

Sind allerdings die Grundleistungen der HOAI geschuldet, ergeben sich hieraus folgende Pflichten:

Für den Gebäudeplaner nach Anlage 11 Leistungsphase 8: Objektüberwachung (Bauüberwachung)
Buchstabe c): Koordinieren der an der Objektüberwachung fachlich Beteiligten und
Buchstabe e): Aufstellen und Überwachen eines Zeitplanes (Balkendiagramm)

Für den Planer der Technischen Ausrüstung nach Anlage 14 Leistungsphase 8: Objektüberwachung (Bauüberwachung)
Buchstabe b): Mitwirken bei dem Aufstellen und Überwachen eines Zeitplanes (Balkendiagramm)

Im Kommentar von Pott/Dahlhoff/Kniffka/Rath ist zu Leistungsphase 8 bei der Gebäudeplanung ausgeführt:

"3. Grundleistung / Koordinieren der an der Objektüberwachung fachlich Beteiligten:
Diese Leistung ist Teil der alle Leistungsphasen durchziehenden umfassenden Koordinierungspflicht und wird allgemein entgegen ihrem Wortlaut so verstanden, dass sie nicht nur die an der Objektüberwachung fachlich Beteiligten erfasst, sondern alle an der Bauausführung insgesamt Beteiligten, also auch die Unternehmer und Bauhandwerker. "Koordinieren" bedeutet den Einsatz der an der Objektüberwachung fachlich Beteiligten sowie der ausführenden Unternehmer zeitlich und sachlich so aufeinander abzustimmen, dass diese sich nicht gegenseitig behindern, dass fertig gestellte Teile des Bauwerks nicht durch Folgearbeiten beschädigt werden und dass die Aufeinanderfolge der verschiedenen Leistungsbereiche (Gewerke) sinnvoll, zeitsparend, insbesondere unter Einhaltung der zeitlichen Fristen und Terminvorgaben sowie ökonomisch derart abläuft, dass das Ziel des Auftraggebers erreicht wird. ... Der Einsatz der an der Objektüberwachung fachlich beteiligten Sonderfachleute ist so zu steuern, dass sich weder Überschneidungen noch Lücken ergeben. Eine klare Abgrenzung der Leistungspflichten des Objektplaners zu denjenigen der Sonderfachleute ist erforderlich. Als Koordinator sollte der Architekt dem Bauherrn entsprechende Empfehlungen und Vorgaben für die Vertragsgestaltung mit den Sonderfachleuten machen. Dort sollte tunlichst einheitlich geregelt werden, wie der entsprechende Informationsfluss erfolgt, so dass Informationslücken vermieden werden."

"5. Grundleistung / Aufstellen und Überwachen eines Zeitplans (Balkendiagramm):
Der Zeitplan ist für das reibungslose Ineinandergreifen der Bauleistungen unerlässlich. Vor allem bei größeren Bauvorhaben ist eine umfassende und genaue Übersicht über die Tätigkeitsabläufe erforderlich. Das Aufstellen eines Balkendiagramms ist möglich; Netzpläne, die auch die Abhängigkeiten zeigen, sind heute weit verbreitet. Auch Zeitplanungen beruhen auf Prognosen, die häufig durch Komplikationen auf der Baustelle, z.B. auch Unternehmerinsolvenzen, fortgeschrieben werden müssen. Das Diagramm ist durch Fortschreibungen stets auf dem laufenden zu halten; nur so kann es seinen Zweck erfüllen. Die eingetragenen Fristen bestimmen, sofern sie als Vertragsfristen vereinbart sind, die Fälligkeit der betreffenden Leistungen und können gem. § 286 BGB den Schuldnerverzug ohne Mahnung auslösen. ..."


Hieraus ergeben sich also auch für die Planer der Technischen Ausrüstung nicht unerhebliche Pflichten. So ist spätestens beim Erbringen der Lph. 8 die Mitwirkung bei der Terminplanung erforderlich; hierbei kann natürlich darauf gedrungen werden, dass die jeweilig vorlauslaufenden Gewerke oder Tätigkeiten so definiert sind, dass die ausführenden Unternehmen der TGA ihre Leistungen rechtzeitig planen und Personal, Geräte und Materialien bereitstellen können.

Nicht zuletzt ist es jedoch auch bereits bei der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen als Basis der Bauverträge zwischen AG und ausführenden Unternehmen notwendig, die Zeiten der Leistungserbringung grundsätzlich zu definieren. Häufig wird daher ein erster Entwurf des Terminplans bereits zu diesem Zeitpunkt erstellt, eventuell auch durch den Bauherrn oder einen beauftragten Projektmanager, denn die Definition eines Endtermins der Bauarbeiten gehört i.d.R. zum ureigensten Interessensbereich des Bauherren.


In Ihrem konkreten Fall sind deshalb m.E. durch die TGA-Objektüberwacher aktiv Maßnahmen zu ergreifen, um das ihre dazu beitzutragen, den Bauablauf möglichst ungestört voranzubringen und zu beenden.

zu 1:
Eine Behinderungsanzeige an den Bauherrn (= Information, dass dessen Mitwirkung erforderlich ist) zur Sicherstellung der aus Sicht der TGA-Objektüberwacher bauherrenseitigen Leistungen der Lph. 8 des Objektüberwachers, dabei Erfüllen der eigenen Leistungspflicht zur Mitwirkung beim Aufstellen und Überwachen des Zeitplans.

zu 2:
Die Koordinierungspflicht obliegt dem Leistungserbringer der Lph. 8 der Objektüberwachung Gebäude, die Mitwirkungspflicht den Objektüberwachern TGA.

zu 3:
Als vorausschauende Planung: ja. Unvorhergesehene Störungen im Bauablauf können dagegen nicht vorher berücksichtigt werden, das ergibt sich aus dem Wesen des Unvorhergesehenen.

zu 4:
Auf Zuruf wird kein wirtschaftlich arbeitendes Unternehmen auf Dauer tätig werden können. Notfälle einmal ausgenommen, sollten die jeweils erforderlichen Vorläufe zwischen Objektüberwacher Gebäude und Objektüberwacher TGA gemeinsam mit den ausführenden Unternehmen definiert und ggf. angepasst werden. Gibt es regelmäßige, z.B. wöchentliche oder 2-wöchentliche Baubesprechungen mit allen Beteiligten einschließlich des Bauherren und der bis zum nächsten jour-fixe planmäßig zum Einsatz vorgesehenen ausführenden Unternehmen, ist dies i.d.R. ein guter Zeitpunkt, um Terminverschiebungen zu dokumentieren und die sich daraus ergebenden Änderungen abzusprechen.

____________________________
Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
www.doellconsult.de

20.03.2012 at 08:43 Uhr
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fhempel
Level: Sr. Member
Beiträge: 126
Registriert seit: 08.05.2011
IP: Logged
icon Re: Aufgabenverteilung in Bauüberwachung zw. Objektplaner (Architekt) u. fachl. Beteiligtem (Fach-Ing.)

Guten Tag,

grundsätzlich ist zu sagen, dass sich die Pflichten des Architekten und der Fachingenieure aus dem Werkvertragsrecht und nicht aus der HOAI ergeben. Weil in der Regel in den Architekten-/Ingenieurverträgen eine genaue Abgrenzung zwischen den jeweiligen Pflichten nicht vorgenommen wird, ist auch die Schnittstelle zwischen Architekt und Fachingenieur nicht präzise festgelegt. Es gibt auch kein verbindliches Regelwerk, das eine solche Schnittstelle genau beschreiben würde.

Aus den jeweiligen Architekten-/Ingenieurverträgen heraus schuldet jeder Planer den Erfolg seiner Leistung, weil es sich bei diesen Verträgen um Werkverträge nach §§ 631 bis 651 BGB handelt.

Wenn man sich aber die Leistungsbilder der HOAI ansieht, findet man im Leistungsbild Gebäudeplanung in der Leistungsphase 8 auch die (Grund-)Leistungen "Koordinieren der an der Objektüberwachung fachlich Beteiligten" und "Aufstellen und Überwachen eines Zeitplanes (Balkendiagramm)". Im Leistungsbild der Technischen Ausrüstung ist in der Leistungsphase 8 entsprechend folgende (Grund-)Leistung zu finden: "Mitwirken bei dem Aufstellen und Überwachen eines Zeitplanes (Balkendiagramm)"

Die HOAI regelt zwar nur, welche Leistungen durch das sich nach den Regeln der HOAI ergebende Honorar vergütet sind, wenn sie anfallen. Andererseits kann aus den Leistungsbildern aber auch entnommen werden, welche Leistungen ein Auftraggeber für das von ihm zu zahlende Honorar erwarten kann, wenn sich herausstellt, dass diese Leistungen für den Erfolg des Werkes erforderlich werden.

Auf dieser Grundlage will ich Ihre Fragen beantworten:

quote:
Wer ist für die terminliche Koordinierung der Gewerke (auch der TGA-Gewerke) verantwortlich?

Der Architekt ist für die terminliche Koordinierung des gesamten Bauvorhabens zuständig. Die Fachingenieure müssen ihn dabei in ihren jeweiligen Fachgebieten unterstützen. Das bedeutet für die Praxis, dass der Architekt zunächst einen groben Bauzeitenplan für das gesamte Bauvorhaben vorgibt. Die Fachingenieure müssen dann diesen Bauzeitenplan für ihre Fachbereiche überprüfen, ergänzen oder korrigieren. Die Leistungen der TGA-Gewerke lassen sich nicht isoliert von den sonstigen Leistungen für ein Gebäude betrachten. Es gibt hier sehr viele Abhängigkeiten, die letztendlich vom Gebäudeplaner koordiniert werden müssen. Ich will das an einem einfachen Beispiel mit Trockenbauarbeiten und Installationen deutlich machen:
Der Architekt plant zunächst, wann mit Trockenbauarbeiten begonnen werden kann und wann sie beendet sein müssen. Der Architekt muss auch wissen, welche Installationen grundsätzlich in welche Trockenbauwände eingebaut werden müssen (Elektroinstallationen in vielen Wänden, Sanitärinstallationen in einigen Wänden). Er muss also bei seiner Bauzeitenplanung bereits berücksichtigen, dass parallel zu den Trockenbauarbeiten auch ein Teil der entsprechenden Installationsarbeiten ausgeführt werden müssen. Der Fachingenieur für die technische Ausrüstung muss nun dem Gebäudeplaner angeben, welchen Zeitaufwand er für die einzelnen Installationsarbeiten in den jeweiligen Bauteilen er ansetzt. Mit diesen Informationen muss der Gebäudeplaner nun den Bauzeitenplan konkretisieren. Er muss also vorgeben, wann mit den Trockenbauarbeiten begonnen wird, wann diese Arbeiten so weit fortgeschritten sind, dass der Elektroinstallateur damit beginnen kann, seine Kabel in den halbfertigen Wänden zu verlegen und wann der Sanitärinstallateur beginnen kann, seine Leitungen und Einbauteile in diese Wände einzubauen. Weiter muss der Gebäudeplaner dann einplanen, ab wann in welchen Bereichen die Wände vom Trockenbauer geschlossen und fertiggestellt werden können. Mit anderen Worten ist die Bauzeitenplanung als "Teamarbeit" zwischen Architekt und Fachingenieuren anzusehen.

Wenn der Architekt zu einer entsprechenden Bauzeitenplanung als Teamarbeit zwischen ihm und den Fachingenieuren nicht bereit ist und es deshalb zu Problemen im Bauablauf kommt, sollten die Fachingenieure im Zweifel den Bauherren darauf aufmerksam machen und ihn über die Konsequenzen aufklären. Dieser hat dann die Möglichkeit, den Architekten zu einer entsprechenden gewissenhaften Bauzeitenplanung aufzufordern und ihm gegebenenfalls sogar mit Honorarkürzung zu drohen. Das Gleiche gilt aber natürlich auch für die Fachingenieure, wenn diese ihrer Pflicht zur Mitarbeit bei der Bauzeitenplanung nicht nachkommen. In einem solchen Fall sollte der Architekt den Bauherrn ebenfalls informieren.
Damit habe ich hoffentlich auch Ihre Frage unter 3. bereits mit beantwortet.

quote:
Kann vom AN erwartet werden, dass er seine Leistungen auf "Zuruf" ausführt? Auf was für einen Terminvorlauf hat er Anspruch?

Das ergibt sich wiederum zunächst aus dem geschlossenen Vertrag. Wenn die Auftragnehmer bereits bei ihrer Angebotsabgabe gewusst haben, dass sie auf "Zuruf" arbeiten müssen und das bei ihrer Kalkulation berücksichtigen konnten, dann sind sie auch dazu verpflichtet. Hier sind die Regeln der VOB maßgebend. Insbesondere ist hier § 7 Abs 1 VOB/A zu berücksichtigen und anhand dieser Regeln zu überprüfen, ob die Leistungsbeschreibung so eindeutig und umfassend formuliert war, dass die Bieter bereits genau wussten, was auf sie zukommt. Wenn die VOB/B als Vertragsbestandteil vereinbart ist, gilt bezüglich der Ausführungsfristen § 5 VOB/B. Danach haben die Auftragnehmer entweder nach verbindlich vereinbarten Fristen ihre Leistungen zu beginnen und auszuführen. Wenn keine Fristen vereinbart sind, hat der Auftraggeber ihnen auf Verlangen Auskunft über den voraussichtlichen Beginn zu erteilen. Der Auftragnehmer hat innerhalb von 12 Werktagen nach Aufforderung mit seinen Leistungen zu beginnen. Wenn sich der Auftragnehmer in der ordnungsgemäßen Ausführung behindert glaubt, sollte er Behinderung entsprechend § 6 VOB/B anmelden.

Noch eine Ergänzung: eine ordnungsgemäße Bauzeitenplanung sollte nicht erst während der Bauausführung vom Bauleiter, sondern bereits begleitend zur Ausführungsplanung begonnen werden. Bereits jetzt sollten auch die ersten Abstimmungen zwischen Architekt und Fachplanern erfolgen. Nur so kann bereits in den Vergabeunterlagen den Bietern eine Vorgabe über die voraussichtlichen Ausführungsfristen gemacht und ggf.auch Vertragsstrafen wirksam vereinbart werden.

[Edited by fhempel on 20.03.2012 at 09:48 Uhr]

____________________________
Viele Grüße

Architekt Dipl.-Ing. Frank Hempel

Sachverständiger für
Honorare für Leistungen der Architekten und Ingenieure
Ausschreibung und Abrechnung nach VOB

http://www.hoai-aktuell.de
http://www.architekt-hempel.de
20.03.2012 at 09:43 Uhr
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