Gebäudetyp-E-Gesetz
Gebäudetyp E: Leitfaden für einfaches und kostengünstiges Bauen in Deutschland
Um den Wohnungsbau zu vereinfachen und zu verbilligen, hat das Bundesministerium für Wohnen, Bauwesen und Stadtentwicklung (BMWSB) den Gebäudetyp E ins Leben gerufen. Der dazugehörige Leitfaden soll Bauherren und Planern ermöglichen, bestimmte technische Standards rechtssicher zu reduzieren oder wegzulassen, wodurch Baukosten sinken und der Prozess insgesamt flexibler wird. Dieser Schritt ist Teil der Bemühungen, den Mangel an bezahlbarem Wohnraum in Deutschland zu lindern, indem unnötig hohe Anforderungen abgebaut werden.
Was der Gebäudetyp E bedeutet
Der Gebäudetyp E ist kein spezieller architektonischer Stil oder Bautyp, sondern steht vielmehr für eine Vereinfachung und Flexibilität im Bauwesen. Durch ihn sollen Bauprojekte auf unnötige Standards verzichten dürfen – etwa auf Keller, Balkone oder spezifische Schallschutzmaßnahmen – um die Baukosten zu senken, ohne dabei die grundlegende Sicherheit zu gefährden. Mit dem Gebäudetyp E können sich Bauherren und Planer auf geringere Baustandards einigen und von den “allgemein anerkannten Regeln der Technik” (aaRdT) abweichen, was bisher oft rechtliche Unsicherheiten mit sich brachte. Der Leitfaden des BMWSB enthält dazu Vorschläge für die rechtssichere Umsetzung solcher Vereinbarungen, Beispielklauseln und Planungsansätze.
Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)
Um diese Vereinfachungen rechtlich abzusichern, plant der Gesetzgeber Anpassungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Diese Änderungen sind darauf ausgerichtet, die Bedingungen für Bauverträge im Rahmen des Gebäudetyp E zu klären und einen neuen Vertragstyp für Bauprojekte zu schaffen, der auf Fachkunde und flexible Standards setzt. Die wichtigsten geplanten Änderungen umfassen:
1. Einfügung von § 650a Abs. 3 BGB:
In diesem neuen Absatz sollen bautechnische Normen in zwei Kategorien unterteilt werden: sicherheitsrelevante Normen und Komfortnormen. Die sicherheitsrelevanten Normen behalten ihren Status als allgemein anerkannte Regeln der Technik (aaRdT), deren Einhaltung bei jedem Bauprojekt zwingend ist. Komfortnormen hingegen, die lediglich auf bestimmte Ausstattungsstandards abzielen (etwa Schallschutz, bestimmte Lüftungssysteme oder optische Elemente), sollen künftig nicht mehr automatisch als verbindlich angesehen werden. Damit entfällt die Verpflichtung, Komfortmerkmale wie hohe Standards im Schallschutz oder in der Ausstattung als Mangel zu behandeln, wenn sie in Projekten des Gebäudetyps E nicht umgesetzt werden.
2. Einführung eines neuen § 650o BGB für Gebäudeverträge zwischen fachkundigen Unternehmern:
Der neu vorgesehene Paragraph § 650o schafft einen spezifischen Gebäudevertragstyp, der es fachkundigen Bauunternehmern erlaubt, sich in bestimmten Bereichen vom Regelwerk der aaRdT zu lösen, ohne dass dies als Mangel gilt. Unter der Voraussetzung, dass die Abweichung sicherheitstechnisch vertretbar ist und keine Beeinträchtigung der Funktionalität oder Sicherheit des Bauwerks entsteht, gelten Komfortmerkmale als optional und frei verhandelbar. Zudem wird die Haftung für Sachmängel gelockert: Wenn ein funktionstüchtiges und sicheres Gebäude errichtet wird, das die Anforderungen des Gebäudetyp E erfüllt, begründet die Abweichung von Komfortnormen keinen Sachmangel.
3. Klarstellung zur Haftung und Dokumentation:
Um Missverständnisse oder Haftungsfragen zu vermeiden, müssen Bauunternehmen ihre Abweichungen bei Komfortmerkmalen im Voraus dokumentieren und mit dem Bauherren abstimmen. Die neue Regelung setzt voraus, dass das Unternehmen den Bauherren über die Art und die Auswirkungen der Abweichungen aufklärt, bevor die Arbeiten beginnen. Dies schafft Transparenz und stärkt das Vertrauen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer.
Resonanz und Erwartungen der Baubranche
Der Gebäudetyp E wird von großen Teilen der Bau- und Immobilienbranche als wichtige Maßnahme begrüßt. Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie, lobt den Ansatz als “Lösungsansatz für bezahlbares Wohnen”, der eine erhebliche Senkung der Baukosten ermöglicht und zudem klare rechtliche Rahmenbedingungen schafft. Auch Vertreter der sozialen Wohnungswirtschaft heben hervor, dass die Entlastung von bestimmten technischen Normen die Baukosten drastisch reduzieren kann, was vor allem für den Bau bezahlbarer Wohnungen von Bedeutung ist.
Weitere Schritte der Bundesregierung
Das Gebäudetyp-E-Gesetz wird voraussichtlich Anfang 2025 in Kraft treten und soll den Weg für neue und günstigere Bauprojekte ebnen. Begleitet wird es von weiteren Maßnahmen im Rahmen des „Bau-Turbo-Pakts“, die darauf abzielen, Planungs- und Bauprozesse in Deutschland zu beschleunigen und zu vereinfachen. Zusätzlich arbeitet die Bundesregierung an Änderungen des Baugesetzbuchs und Anpassungen in der technischen Anleitung zum Lärmschutz (TA-Lärm), um den Wohnungsbau weiter zu entlasten.
Fazit und Ausblick
Mit der Einführung des Gebäudetyp E und den geplanten Anpassungen im BGB schafft die Bundesregierung ein Instrument, das Bauen in Deutschland flexibler und kostengünstiger machen soll. Der Gesetzesentwurf könnte nicht nur dem Wohnungsmarkt einen Schub geben, sondern auch den Zugang zu bezahlbarem Wohnraum erleichtern. Der Erfolg des Gebäudetyp-E-Gesetzes hängt jedoch von einer klaren Umsetzung und dem Umgang mit rechtlichen und technischen Fragen ab, die weiterhin kritisch betrachtet werden.
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