fdoell
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Re: Nachtagsbearbeitung, zu welcher LPH wird dies zugeordnet
Guten Tag,
werden Bauleistungen erforderlich, für die noch keine Preisvereinbarung getroffen wurde, so ist zunächst einmal zu überlegen, warum diese noch nicht vorliegt. Das kann ja ganz verschiedene Ursachen haben, z.B.
- Leistung bei der Ausschreibung vergessen bzw. Ausführungsdetails noch nicht erarbeitet als die Ausschreibung erstellt wurde
- ausgeschriebene Leistung war so nicht machbar / nicht normgerecht
- Leistung wurde erforderlich, weil während der Bauausführung neue Randbedingungen auftauchten, z.B. vorher nicht bekannter Baubestand, Terminverschiebungen und daraus folgend neue Randbedingngen zum Bau, geänderte (z.B. falsche) Bauausführung Dritter u.a.m.
Man kann diese Leistungen prinzipiell in 2 Gruppen einteilen:
A) solche, die bei genügender Sorgfalt, Berücksichtigung aller Erkenntnisse und Erstellen der Ausführungsplanung vor der Ausschreibung (es sei denn, die Ausschreibung ist auf Veranlassung des Auftraggebers vorgezogen worden) bereits berücksichtigt worden wären. Solche Leistungen gehören zu den nachträglich erbrachten Leistungen, die eigentlich in Lph. 6 ausgeschrieben und in Lph. 7 geprüft und bewertet worden wären. Sie sind also bei der HOAI a.F. dem Kostenanschlag zuzurechnen und gehören damit zu den anrechenbaren Kosten, während sie bei HOAI n.F. zu den Grundleistungen gehören, die mit dem Honorar auf Basis der Kostenberechnung abgegolten sind (§ 635 BGB, Rechte des Bestellers bei Mängeln).
B) Leistungen, die aus Sicht des Planers zu den nicht von ihm, d.h. also bezogen auf sein Vertragsverhältnis vom Auftraggeber veranlassten Änderungen gehören. Auch diese Leistungen bedürfen einer nachträglichen "Ausschreibung", d.h. Leistungstextformulierung mit Massenangaben, für die der Unternehmer dann ein Preisangebot abgibt, das zu prüfen ist. Auch diese Leistungen gehören somit inhaltlich zu Lph. 6 und 7, jedoch sind sie separat von dem Hauptauftrag zu erbringen, als Zusätzliche Leistung. Für diese zusätzlichen Leistungen hat die HOAI 2009 in § 7 (5) eine Regelung getroffen, die eine Vertragsanpassung erfordert, d.h. dass AG und AN hierüber eine Vereinbarung zur Vergütung treffen müssen. In der HOAI a.F. war dies nicht explizit verankert; hier ergibt sich die zusätzliche Vergütung aus dem Werkvertragsrecht, wonach der Planer (nur) zur Herstellung des versprochenen Werkes verpflichtet ist, wofür er vom Besteller die vereinbarte Vergütung erhält (§ 631 BGB) und eine (weitere) Vergütung stillschweigend als vereinbart gilt, wenn die Herstellung des "Werkes" (hier: die Erbringng der Lph. 6 und 7 für die Nachtragsleistungen) nur gegen Vergütung zu erwarten ist (§ 632 BGB). Das kan ein Jurist sicher besser begründen.
Folgendes Urteil und Erläueturungen dazu sind bei IBR-online zu finden:
KG, Urteil vom 31.03.2009 - 21 U 165/06 betr. Honorar für wiederholte Grundleistungen oder zusätzliche Leistungen
Leitsätze:
1. Die Geltendmachung von Zusatzhonorarforderungen für wiederholte Grundleistungserbringung setzt die nachvollziehbare Abgrenzung und den Nachweis der Beendigung der erstmaligen Grundleistungserbringung voraus.
2. Die Honorarforderung über zusätzliche Leistungen bedingt neben dem Nachweis einer Vereinbarung die schlüssige Darstellung eines Honoraranspruchs und dessen Ermittlung.
Problem/Sachverhalt
Die Auftraggeberin beauftragte das klagende Ingenieurbüro mit der Planung und Objektüberwachung für eine Umbaumaßnahme. Das Ingenieurbüro verlangte zusätzliches Objektüberwachungshonorar in Höhe von ca. 1,2 Mio. DM für die wiederholte Erbringung von Grundleistungen und erheblichen Mehraufwand, der aus umfangreichen Planungs- und Nutzungsänderungen des Auftraggebers resultieren würde. Die Zusatzvergütung errechnete das Ingenieurbüro, indem es den auf die Objektüberwachung entfallenden Honoraranteil auf die Grundfläche des Bauvorhabens aufteilte, um einen Quadratmeterpreis ihrer Leistung zu erhalten. Diesen multiplizierte es mit der Fläche der einzelnen Räume oder Gebäudeteile, auf die sich die wiederholte Leistungserbringung bezog.
Entscheidung
Das KG weist die Klageforderung sowohl als wiederholte Grundleistung als auch als Honorarforderung für eine zusätzliche Leistung ab. Der Honorarermittlung des Ingenieurbüros folgt das KG nicht. Eine Berechtigung des Honoraranspruchs für die Wiederholungsleistung ist bereits dem Grunde nach nicht gegeben. Das Ingenieurbüro hatte für die Geltendmachung eines Zusatzhonorars für wiederholte Grundleistungen bereits nicht dargelegt, dass die erstmalige Grundleistungserbringung abgeschlossen war. Ebenfalls fehlt die Darstellung und der Nachweis, dass die wiederholt durchgeführten Arbeiten nicht Mängelbeseitigungsleistungen waren, die das Ingenieurbüro im Rahmen der beauftragten Leistungsphase 9 ebenfalls zu überwachen hatte. Die Vergütung als zusätzliche Leistungen scheitert zum einen bereits am fehlenden Nachweis entsprechender Beauftragungen. Soweit das Ingenieurbüro für Änderungen des Leistungsumfangs seitens des Auftraggebers die Vereinbarung eines zusätzlichen Honorars verlangen kann (Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 6. Aufl., § 4 Rz. 52), fehlt es an einer schlüssigen Darstellung eines Honoraranspruchs. Die Ermittlung eines "anteiligen auf die jeweiligen Gewerke bezogenen Bauüberwachungshonorars pro betroffenen Raum" ist keine schlüssige Honorarermittlung für zusätzliche Leistungen.
Praxishinweis
Die Durchsetzung von Honorarforderungen der Architekten und Ingenieure für die wiederholte oder zusätzliche Leistungserbringung ist schwierig. Selbstverständlich können wiederholte Grundleistungen erst und nur dann vorliegen, wenn die erste Grundleistung abgeschlossen ist und die Wiederholung nicht aus anderen Gründen geschuldet wird, wie Überwachung der Mängelbeseitigung in Leistungsphase 9 (oder z. B. eigene Mängelbeseitigung der Planer). Die Geltendmachung von Honoraren für zusätzliche Leistungen setzt zwingend das Vorliegen eines Auftrags, auch konkludent, voraus (BGH, Beschluss vom 09.06.2005 - VII ZR 84/04).
Zu dem BGH-Urteil wird ferner ausgeführt:
Voraussetzung für die Honorierung von Änderungsleistungen für dasselbe Bauvorhaben ist eine entgeltliche Auftragserteilung. Eine solche kann auch durch schlüssiges Handeln (konkludent) erfolgen. Ein entsprechender Wille des AG wäre aber dann nicht anzunehmen, wenn es sich um Nachbesserung von Fehlern, Nachholung früher bereits zu erbringender Architektenleistungen oder um kleinere Änderungen handeln würde. Die mehrfache Planung muss also auf eine Veranlassung des AG im Sinne eines ausdrücklichen, auf Befolgung gerichteten Verlangens zurückgehen. Voraussetzung ist ferner, dass die Vergütungspflicht nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist.
Ich hoffe, das hilft Ihnen etwas weiter.
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Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
www.doellconsult.de
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