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Thommy
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Mehrforderung wegen doppelter Ausschreibung
Hallo liebe Forumsteilnehmer,
habe folgendes Problem: Honorarvertrag technische Ausrüstung nach HOAI 2002, LPH 2-8, Schlussrechnung. Das Ingenieurbüro, mit dem der Honorarvertrag abgeschlossen wurde, fordert zusätzliches Honorar, da ein Handwerksbetrieb insolvent wurde und daraufhin Leistungen neu auszuschreiben waren. Im Vertrag ist dies nicht als besondere Leistung aufgenommen worden. Muss ich zusätzliches Honorar zahlen und falls ja, nach welcher Berechnung, evtl. auf Stundenbasis? Mir würde ja durch das erhöhte Honorar ein Schaden entstehen. Kann ich diesen geltend machen, z. B. beim Insolvenzverwalter des insolventen Handwerksbetriebes?
MfG
Thommy
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31.08.2010 at 09:41 Uhr |
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fdoell
Level: Moderator
Beiträge: 2442
Registriert seit: 10.01.2003
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Re: Mehrforderung wegen doppelter Ausschreibung
HOAI 1996/2002 § 5 Abs. 4:
"Für Besondere Leistungen, die zu den Grundleistungen hinzutreten, darf ein Honorar nur berechnet werden, wenn die Leistungen im Verhältnis zu den Grundleistungen einen nicht unwesentlichen Arbeits- und Zeitaufwand verursachen und das Honorar schriftlich vereinbart worden ist. Das Honorar ist in angemessenem Verhältnis zu dem Honorar für die Grundleistung zu berechnen, mit der die Besondere Leistung nach Art und Umfang vergleichbar ist. Ist die Besondere Leistung nicht mit einer Grundleistung vergleichbar, so ist das Honorar als Zeithonorar nach §6 zu berechnen."
1. Eine Grundleistung war die 2. Ausschreibung für den Planer nicht, die hatte er bereits erbracht.
2. Ein Fehler oder Verschulden des Planers war es auch nicht.
3. Es handelt sich also im Verhältnis Auftraggeber - Planer um eine Besondere Leistung.
4. Frage: hat diese einen nicht unwesentlichen Arbeits- und Zeitaufwand erfordert?
5. Falls nein -> keine Vergütung. Falls ja: Vergütungsanspruch ist gegeben.
6. Wurde das Honorar bereits schriftlich vereinbart? Ich vermute nein, sonst hätten Sie nicht so gefragt. Dies ist aber erforderlich, damit etwas abgerechnet werden kann.
7. Gibt es eine Grundleistung, mit der die Besondere Leistung nach Art und Umfang vergleichbar ist? Eher ja, denn eine Ausschreibung ist eine Ausschreibung. Dann müssten Sie sich auf einen Prozentsatz einigen, der aus Leistungsphase 6 bzw. 7 nochmals zu erbringen war (ggf. unter Zuhilfenahme von Tabellen, welche die Grundleistung in Einzelprozemtsätze aufsplitten. Da diese immer Von-bis-Sätze enthalten, müssen Sie sich im Endeffekt trotzdem einigen).
8. Nur wenn die Grundleistung nicht vergleichbar ist, darf nach Stundensätzen abgerechnet werden.
9. Ja, Sie haben einen Schaden. Ja, Sie können diesen als Forderung gegenüber dem Insolvenzverwalter benennen. Nein, große Chancen gibt es bei solchen Beträgen eher nicht, etwas zu bekommen, und wenn, dann nach Monaten oder eher Jahren. Lohnt meist die Mühe nicht. Schonen Sie lieber Ihre Seelenruhe!
____________________________
Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
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31.08.2010 at 21:23 Uhr |
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Thommy
Level: Gast
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Re: Mehrforderung wegen doppelter Ausschreibung
Sehr geehrter Herr Doell,
vielen Dank für Ihre sehr umfassende und wie immer fundierte Antwort. Einiges hätte ich tatsächlich anders gemacht, aber jetzt ist es für mich klar. Ich werde ersteinmal den Arbeitsaufwand prüfen und danach entscheiden, ob ich einer Vertragsänderung zustimme. In meinem speziellen Fall würde ich eventuell für 75 Prozent des Honorars der LPH 7 plädieren, da einige Leistungen bei der erneuten Ausschreibung nicht noch einmal zu erbringen waren.
Viele Grüße von Thommy
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01.09.2010 at 06:46 Uhr |
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Martin Glane
Level: Member
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Registriert seit: 15.10.2004
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Re: Mehrforderung wegen doppelter Ausschreibung
Sehr geehrter Herr Doell,
nach meiner Kenntnis gilt der Grundsatz:
Eine Grundleistung kann niemals eine eine besondere Leistung sein.
Hier handelt es sich um wiederholte Grundleistungen, die auch als solche abzurechnen sind. Es kommt auf jeden Falle die Leistungsphase 7 in Betracht, denn diese wurde, soweit erkennbar, wohl vollständig erbracht. Wenn das LV anzupassen war sind wohl auch Leistungen der Leistungsphase 6 abzurechnen.
Martin Glane
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16.09.2010 at 18:27 Uhr |
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fdoell
Level: Moderator
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Registriert seit: 10.01.2003
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Re: Mehrforderung wegen doppelter Ausschreibung
Guten Tag Herr Glane,
der Satz, dass eine Grundleistung niemals eine Besondere Leistung sein kann, gilt in dem Sinne, dass eine Grundleistung in einem Leistungsbild niemals eine Besondere Leistung in einem anderen Leistungsbild sein kann. Eine Entwurfsvermessung einer Verkehrsanlage war z.B. nach der HOAI 1996/2002 zwingend nach Teil XIII zu vergüten und durfte nicht als Besondere Leistung der Objektplanung zu einem wesentlich günstigeren Honorar berechnet werden.
Bezüglich der Wiederholung von Grundleistungen gibt es Rechtsprechung, wonach diese nur dann anzusetzen ist, wenn bei einer Leistungsphase auf Veranlassung des Auftraggebers grundsätzlich verschiedene Anforderungen bestanden haben, d.h. wenn sich das Leistungsziel geändert hat (vgl. LG Mannheim, Urteil vom 16.09.1993 - 3 O 171/93; OLG Karlsruhe, Vergleich vom 21.02.1995 - 8 U 299/93 oder auch OLG Düsseldorf 5 U 68/07 vom 15.05.2008).
Ansonsten ist die erneute Erbringung der Leistung eine Besondere Leistung. Voraussetzung zur Honorierung ist dabei, dass es sich nachweislich nicht um eine Nachbesserung handelt, d.h. dass die Grundleistung vollständig erbracht war, und dass - als generelle Voraussetzung zur Vergütung besonderer Leistungen nach HOAI 1996/2002- nach § 4 ein nicht unwesentlicher Arbeits- und Zeitaufwand verursacht wird und das Honorar schriftlich vereinbart ist.
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Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
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16.09.2010 at 21:48 Uhr |
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Martin Glane
Level: Member
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Registriert seit: 15.10.2004
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Re: Re: Mehrforderung wegen doppelter Ausschreibung
.............Bezüglich der Wiederholung von Grundleistungen gibt es Rechtsprechung, wonach diese nur dann anzusetzen ist, wenn bei einer Leistungsphase auf Veranlassung des Auftraggebers grundsätzlich verschiedene Anforderungen bestanden haben, d.h. wenn sich das Leistungsziel geändert hat (vgl. LG Mannheim, Urteil vom 16.09.1993 - 3 O 171/93; OLG Karlsruhe, Vergleich vom 21.02.1995 - 8 U 299/93....
Hier ging es darum, dass Pläne für das DG einer Eigentumswohnungsnlage neu gezeichnet werden mussten. Die Pläne der anderen Geschosse sind wohl unverändert geblieben. Es geht also um Änderungen aber nicht um Wiederholungen von Grundleistungen.
....oder auch OLG Düsseldorf 5 U 68/07 vom 15.05.200 .
Hier ging es um einen Tragwerkplaner, der im Rahmen der Ausführungsplanung, die auf Verlangen des Auftraggeber infolge der von diesem veranlassten Änderung der Planung erbracht hat, ohne dass diese Änderung vom Auftragnehmer zu vertreten waren. Es geht also um Änderungen aber nicht um Wiederholungen von Grundleistungen
Ansonsten ist die erneute Erbringung der Leistung eine Besondere Leistung.
Ich kann Ihnen nicht folgen. Woher nehmen Sie diese Überzeugung?
....Voraussetzung zur Honorierung ist dabei, dass es sich nachweislich nicht um eine Nachbesserung handelt, d.h. dass die Grundleistung vollständig erbracht war,......
Selbstverständlich klar
und dass - als generelle Voraussetzung zur Vergütung besonderer Leistungen nach HOAI 1996/2002- nach § 4 ein nicht unwesentlicher Arbeits- und Zeitaufwand verursacht wird und das Honorar schriftlich vereinbart ist
Gilt nur für besondere Leistungen!
.
Gegen Ihre Aufassung spricht:
1. Die HOAI selbst, die im § 20 (alter Fassung) die Vergütung für "mehrere Vor- und Entwurfsplanungen" mit Bezug auf die Vergütung für die Grundleistunge regelt
2. Das Urteil des OLG Düsseldorf, vom 26.10.2006 - 5 U 100/02; BauR 2007, 1270; NZBau 2007, 109 ; BGH, Beschluss vom 08.07.2009 - VII ZR 218/06 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen) Dort heißt es: Leistungen, die in den Grundleistungskatalog der HOAI fallen, können nicht als Besondere Leistungen eingestuft werden. Das gilt auch für Planungsänderungen, die sich auf Grundleistungen beziehen.
3. Das Urteil des OLG Braunschweig, vom 11.03.2004 - 8 U 17/99; BGH, Beschluss vom 09.06.2005 - VII ZR 84/04 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen) Dort heißt es im Tenor: Beauftragt der Auftraggeber den Architekten jedoch zu einer weitgehenden Änderung eines Schmutzwasserkanals, für die dann neue Planungen und Genehmigungen erforderlich werden, und ist diese Änderungsleistung nicht auf ein Verschulden des Architekten zurückzuführen, so steht ihm ein gesonderter Honoraranspruch für diese Mehrleistung zu. Im Urteilstext findet sich die Passage: g) Honorar für wiederholte Grundleistungen
Dem Beklagten steht das geltend gemachte Honorar für wiederholte Grundleistungen für den Bereich der Schmutzwasserkanalisation des Regenwasserkanals und der Verkehrsanlagen [...] zu.
Die Rechtsprechung scheint an diesem Punkt (leider) alles andere als eindeutig zu sein.
Martin Glane
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18.09.2010 at 16:39 Uhr |
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fdoell
Level: Moderator
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Registriert seit: 10.01.2003
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Re: Mehrforderung wegen doppelter Ausschreibung
Guten Tag,
im Endeffekt geht es darum, wann von wiederholter Grundleistung und wann von Besonderer Leistung zu sprechen ist.
Fall 1 (LG Mannheim, Urteil vom 16.09.1993 - 3 O 171/93) nach IBR 1995, 214:
Wann werden Umplanungen gesondert honoriert?
Die Umplanung des Grundrisses (1:100) von Dachgeschoßwohnungen in einer größeren Wohnanlage stellt eine Besondere Leistung im Sinne von § 2 Abs. 3 HOAI dar.
Problem/Sachverhalt
Die Honorierung von Planänderungen ist ein schwieriges Thema. Man wird drei Varianten unterscheiden müssen: 1. Die Planänderung gehört zur beauftragten Grundleistung und ist deshalb mit dem Honorar für die Leistungsphase abgegolten. Das gilt auch für Nachbesserung. 2. Die Planänderung stellt eine erneute Grundleistung dar, so daß der Architekt insoweit doppelt honoriert wird. 3. Die Planänderung ist eine Besondere Leistung. Bei der ersten Variante erhält der Architekt kein Zusatzhonorar. Bei der zweiten Variante erhält der Architekt ein Zusatzhonorar nach den Mindestsätzen, selbst wenn dies nicht schriftlich vereinbart ist. Bei der dritten Variante erhält der Architekt nur ein Zusatzhonorar, wenn der Arbeitsaufwand nicht unwesentlich ist und eine schriftliche Vereinbarung vorliegt (§ 5 Abs. 4 HOAI). Der Einordnung von Planänderungen kommt daher eine große Bedeutung zu. Hier geht es um die Planung einer Wohnanlage mit 180 Eigentumswohnungen. Nachdem der Architekt im Rahmen der Entwurfsplanung die Grundrisse sämtlicher Wohnungen gezeichnet hat, stellt sich heraus, daß die Grundrisse der Dachgeschoß-Wohnungen zu groß sind. Der Bauträger kann eine Wohnungsbauförderung nur erhalten, wenn die Grundrisse verkleinert werden. Dazu fordert er den Architekten auf. Eine schriftliche Vereinbarung über ein Zusatzhonorar treffen die Parteien nicht. Später verlangt der Architekt die Honorierung dieser Planänderung nach Zeitaufwand.
Entscheidung
Das LG lehnt den Anspruch auf zusätzliche Honorierung ab. Es sieht in der Umplanung der DG-Wohnungen eine Besondere Leistung, die nur bei schriftlicher Vereinbarung zu vergüten sei. Da es daran fehle, scheitere der Honoraranspruch.
Praxishinweis
Das OLG Karlsruhe hat in der mündlichen Verhandlung die Ansicht des LG Mannheim bestätigt. Gleichwohl haben die Parteien einen Gesamtvergleich geschlossen, bei dem auch Ansprüche aus anderen Rechtsstreitigkeiten miterledigt wurden. Das Urteil ist im Ergebnis richtig. Denn feststeht, daß es sich bei der Änderung der Entwurfsplanung hier nicht um eine wiederholte Grundleistung handelt. Das wäre nur bei einer vollständig neuen Entwurfsplanung auf Veranlassung des Auftraggebers nach grundsätzlich verschiedenen Anforderungen der Fall gewesen. Davon kann hier nicht die Rede sein. Das Ziel - nämlich die Planung einer Wohnanlage mit ca. 180 Eigentumswohnungen unter Ausnutzung von öffentlichen Fördermitteln - blieb dasselbe, sowohl bei der ersten wie bei der zweiten Grundrißgestaltung. Wenn aber das Ziel dasselbe bleibt, sind Planänderungen allenfalls Besondere Leistungen, nicht wiederholte Grundleistungen.
Die nochmalige Erbringung von Leistungen einer Grundleistungsphase stellt also bei unverändertem Leistungsziel eine Besondere Leistung dar. Nur bei verändertem Leistungziel (§ 20 HOAI a.F. spricht von "mehrere Vor- oder Entwurfsplanungen nach grundsätzlich verschiedenen Anforderungen") besteht ohne die Bedingung der schriftlichen Vereinbarung wie bei Besonderen Leistungen ein Anspruch auf Vergütung nach HOAI-Tabellen.
Fall 2 (OLG Düsseldorf 5 U 68/07 vom 15.05.2008) nach ibr-online:
Planungsleistungen des Tragwerkplaners im Rahmen der Ausführungsplanung, die auf Verlangen des Auftraggeber infolge der von diesem veranlassten Änderung der Planung erbracht werden, ohne dass diese Änderung vom Auftragnehmer zu vertreten ist, stellen entsprechend der Auflistung der Besondere Leistungen bei den jeweiligen Leistungsbildern in § 64 Abs. 3 HOAI eine Besondere Leistung zu der Ausführungsplanung dar. Diese Einordnung als Besondere Leistung führt gemäß § 5 Abs. 4 HOAI dazu, dass der Honoraranspruch von einer schriftlichen Honorarvereinbarung abhängt
Aus dem Urteil:
Der Kläger macht erhebliche Planungsänderungen auf Verlangen des Auftraggebers nach bereits erfolgter Fertigstellung der Pläne durch ihn geltend. Planungsleistungen des Tragwerkplaners im Rahmen der Ausführungsplanung, die der Ingenieur auf Verlangen des Auftraggeber infolge der von diesem veranlassten Änderung der Planung zu erbringen hat, ohne dass diese Änderung vom Auftragnehmer zu vertreten ist, stellen entsprechend der Auflistung der Besondere Leistungen bei den jeweiligen Leistungsbildern in § 64 Abs. 3 HOAI, dort Abs. 3 eine Besondere Leistung zu der Ausführungsplanung dar. Diese Einordnung als Besondere Leistung, bei der es in der Sache um die Wiederholung einer schon mangelfrei erbrachten Leistung geht, die beim ersten Anlauf zu vergüten ist, führt gemäß § 5 Abs. 4 HOAI dazu, dass der Honoraranspruch von einer schriftlichen Honorarvereinbarung abhängt (vgl. Pott/Dahlhoff/Kniffka/Rath, IBR-online Kommentar zur HOAI, Stand 2007, Rz. 46 zu 7.2 Besondere Leistungen "Wesentliche Leistungen, die infolge Änderungen der Planung, die vom Auftragnehmer nicht zu vertreten sind, erforderlich werden"). Eine solche Honorarvereinbarung zwischen den Parteien, aus der sich der gemeinsame rechtsgeschäftliche Wille ergibt, dass der Auftragnehmer die Wiederholung von bestimmten Planungsleistungen des Beklagten als Besondere Leistung vergütet verlangen könne, hat der Kläger auch im Rahmen seiner Begründung des Anschlussrechtsmittels nicht darzulegen vermocht.
Die Einstufung als Besondere Leistung trotz wiederholter Grundleistung ergibt sich hier bereits aus der HOAI a.F., da alle Mehrleistungen, die nicht vom AN zu vertreten sind, als Besondere Leistungen zu vergüten sind. In der Tat steht die Änderung des Leistungsziels hier nicht als Kriterium genannt.
3. Möglichkeit: § 20 HOAI a.F.
§ 20 Mehrere Vor- oder Entwurfsplanungen
Werden für dasselbe Gebäude auf Veranlassung des Auftraggebers mehrere Vor- oder Entwurfsplanungen nach grundsätzlich verschiedenen Anforderungen gefertigt, so können für die umfassendste Vor- oder Entwurfsplanung die vollen Vomhundertsätze dieser Leistungsphasen nach §15, außerdem für jede andere Vor- oder Entwurfsplanung die Hälfte dieser Vomhundertsätze berechnet werden. Satz 1 gilt entsprechend für Freianlagen und raumbildende Ausbauten.
Wie oben bereits ausgeführt, beschränkt sich dieser Paragraph auf Vor- und Entwurfsplanungen bei grundsätzlich anderen Anforderungen. Nach HOAI a.F. wird expressis verbis nur dann die erneute Erbringung von Leistungen der bereits einmal erbrachten Leistungsphase als Tabellenhonorar berechent.
Fall 4: OLG Düsseldorf, vom 26.10.2006 - 5 U 100/02 nach IBR 2007, 432:
Planungsänderungen sind keine Besonderen Leistungen, sondern neue Grundleistungen!
1. Leistungen, die in den Grundleistungskatalog der HOAI fallen, können nicht als Besondere Leistungen eingestuft werden. Das gilt auch für Planungsänderungen, die sich auf Grundleistungen beziehen.
2. Planungsänderungen sind gesondert vergütungspflichtig, wenn zum Zeitpunkt, zu dem die Änderung der Planung erforderlich und vom Auftraggeber verlangt wird, die Planungsleistung bereits abgeschlossen war.
Problem/Sachverhalt
Architekten werden mit der Planung eines Verwaltungszentrums beauftragt. Weil sich aber die Nutzung ändert, müssen von den Architekten Planungsänderungen vorgenommen werden. Sie behaupten einen Mehraufwand von 5.130 Stunden und rechnen diesen nach Zeitaufwand ab. Auch der Bauherr meint, dass Planungsänderungen nach Zeitaufwand abzurechnen seien. Er stuft diese allerdings als Besondere Leistungen ein und meint, dass die vertraglich getroffene Vereinbarung zu Besonderen Leistungen unwirksam sei mit der Folge, dass die Architekten weder nach den Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag noch aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereichung ein zusätzliches Honorar verlangen können. Das Landgericht hat die Vergütung entsprechend einem Prozentsatz der Grundleistungen berechnet.
Entscheidung
Das OLG stimmt der Entscheidung des Landgerichts zu: Die Planungsänderungen sind keine Besonderen Leistungen, sondern Wiederholungen von bereits erbrachten Grundleistungen. Besondere Leistungen sind im Allgemeinen nicht zur ordnungsgemäßen Erfüllung des Auftrags erforderlich. Sie werden notwendig, wenn die Grundleistungen zur vollständigen Erfüllung des Auftrags nicht ausreichen. Besondere Leistungen sind zunächst in der rechten Spalte der Leistungsbilder des § 15 Abs. 2 HOAI aufgeführt, ohne dass hier eine abschließende Aufzählung besteht. Die im vorliegenden Fall notwendigen Leistungen der Architekten gehören jedoch zum Grundleistungskatalog und beziehen sich auf solche. Solche Leistungen können nicht als Besondere Leistungen eingestuft werden. Entscheidend für die Frage, ob Planungsänderungen gesondert vergütungspflichtig sind, ist, ob zum Zeitpunkt zu dem die Änderung der Planung erforderlich und vom Auftraggeber verlangt wird, die Planungsleistung bereits abgeschlossen war, es sich mithin um eine Wiederholung bereits ausgeführter Planungsleistungen handelt. Aufgrund der Qualifizierung als wiederholte oder erneute Planungsleistungen steht den Architekten eine Vergütung nicht nach Zeitaufwand zu, sondern nur auf der Grundlage des Prozentsatzes der jeweiligen Leistungsphase. Bei den Leistungsphasen 2 und 3 ist dabei § 20 HOAI zu berücksichtigen.
Aus dem Urteil:
Zu Recht hat das Landgericht für die Frage der Vergütung der von der Klägerin vorgetragenen Planungsänderungen nicht auf Ziff. 3.1 des Vertrages abgestellt. Diese Regelung betrifft ausdrücklich lediglich den Fall, dass der Architekt Besondere Leistungen im Sinne von § 2 Abs. 3 HOAI erbracht hat. Aus der klägerischen Darstellung der in Rede stehenden Planungsänderungen ist indessen ersichtlich, dass es sich insoweit nicht um Besondere Leistungen, sondern um die Wiederholung von bereits erbrachten Grundleistungen handelt. Nach der Definition der Besonderen Leistungen in § 2 Abs. 3 HOAI sind dies solche Leistungen, die im allgemeinen nicht zur ordnungsgemäßen Erfüllung des Auftrages erforderlich sind; auch sind Leistungen, die notwendig werden, wenn die Grundleistungen zur vollständigen Erfüllung des Auftrages nicht ausreichen, Besondere Leistungen. Wie § 2 Abs. 3 Satz 2 HOAI klarstellt, gehören zu den Besonderen Leistungen zunächst die Leistungen, die in der rechten Spalte der Leistungsbilder des § 15 Abs. 2 HOAI aufgeführt werden, ohne dass hier eine abschließende Aufzählung besteht (vgl. insgesamt zu den Besonderen Leistungen Locher/Koeble/Frik, a.a.O., Rz. 4ff zu § 2).
Die in Rede stehenden Leistungen der Klägerin gehören zum Grundleistungskatalog. Leistungen, die in den Grundleistungskatalog fallen, können nicht als Besondere Leistungen eingestuft werden. Die Planungsänderungen, die sich auf Grundleistungen beziehen, können nicht als Besondere Leistungen qualifiziert werden (vgl. Motzke, Planungsänderungen und ihre Auswirkungen auf die Honorierung, BauR 1994, 570, 583; Locher/Koeble/Frik, a.a.O., Rz. 13 zu § 20).
Vor diesem Hintergrund geht auch der Einwand der Beklagten fehl, der Klägerin stünde kein Vergütungsanspruch zu, da die vertragliche Vereinbarung unwirksam sei. Soweit sich die Beklagte auf das Urteil des OLG Hamm vom 13.05.1993 (OLGR 1993; 235) beruft, ist diese Entscheidung nicht einschlägig, da sie sich auf eine Vereinbarung zur Vergütung Besonderer Leistungen bezieht.
bb) Entscheidend für die Frage, ob Planungsänderungen gesondert vergütungspflichtig sind, ist, ob zum Zeitpunkt, zu dem die Änderung der Planung erforderlich und von dem Auftraggeber verlangt wird, die Planungsleistung bereits abgeschlossen war, es sich mithin um eine Wiederholung bereits ausgeführter Planungsleistungen handelt (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, Rz. 868ff). Das Landgericht hat deshalb zutreffend darauf abgestellt, dass es zu den Änderungen der abgeschlossenen Planung gekommen ist, weil sich die Nutzung der Bauteile nach Gründung der AOK Rheinland änderte.
Die redaktionelle, schlagwortartige Überschrift unterstellt zunächst eine Verallgemeinerung des Urteilsinhalts, um dann den Spezialfall der Planungsänderungen, der tatsächlich Inhalt des Urteils war, hintanzufügen. Aus dem Urteil selbst ist der erste verallgemeinernde Satz "Leistungen, die in den Grundleistungskatalog der HOAI fallen, können nicht als Besondere Leistungen eingestuft werden." jedoch nicht herleitbar.
Auch in diesem Fall ist eine Nutzungsänderung und damit eine Änderung des Leistungsziels Grundlage der Planungsänderungen. Welche Leistungsphasen nochmals mit geändertem Leistungzeil bearbeitet wurden und wie das Honorar in einzelnen ermittelt wurde, geht aus dem Urteil nicht hervor. Die Frage, ob diese Grundsätze jedoch auch ausserhalb von Vor- und Entwurfsplanungen gelten, würde ich nach derzeitigem Kenntnisstand mit ja beantworten.
Fall 5 (OLG Braunschweig, vom 11.03.2004 - 8 U 17/99):
Die wesentlichen Inhalte sind bereits wiedergegeben.
Aus dem Urteil:
Durch die unstreitige Planskizze, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 293 d.A. Bezug genommen wird, ist belegt, dass der Beklagte den Schmutzwasserkanal vom Baugebiet zur Bundesstraße #### in einer Länge von 240 m hat umplanen müssen.
Auch hier ist eine erforderliche Umplanung, d.h. eine Änderung des Leistungsziels, Basis der Vergütung nach Tabellensätzen.
quote: Ansonsten ist die erneute Erbringung der Leistung eine Besondere Leistung.
Ich kann Ihnen nicht folgen. Woher nehmen Sie diese Überzeugung?
Alle genannten Fälle belegen, dass die Rechtsprechung bei geänderten Leistungszielen (Nutzungen, Trassierungen usw.) von einem Vergütungsanspruch nach HOAI-Tabellen ausgeht (bei Lph. 2 und 3 nach § 20 HOAI a.F.) und dabei den Begriff "wiederholte Grundleistung" oder ähnliches verwendet.
Bei gleichem Leistungsziel, d.h. bei Änderungen, die auf dieselbe Nutzung abzielen, bei denen jedoch im Detail geänderte Randbedingungen vorliegen (beim Fragesteller: neue Randbedingungen hinsichtlich des Umfanges der einzelnen Ausschreibung bzw. der bereits erbrachten Leistungen Dritter, der Termine, zusätzlicher Leistungen zur Fertigstellung einzelner Bauteile usw.), geht die Rechtsprechung jedoch von Besonderen Leistungen aus, auch wenn verwirrenderweise hier gelegentlich ebenfalls von "wiederholten Grundleistungen" die Rede ist.
Dies bringt mich zu der geäußerten Überzeugung, dass die erneute Erbringung von Leistungen, die zu den Grundleistungen nach HOAI a.F. zählen, bei unverändertem Leistungsziel generell als Besondere Leistung anzusehen sind, für die dann keine "automatische" Honorierung efolgt, sondern nach HOAI a.F. eine gesonderte schriftliche Vereinbarung als Voraussetzung zur Vergütung dienen muss.
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Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
www.doellconsult.de
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18.09.2010 at 19:35 Uhr |
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Martin Glane
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Re: Mehrforderung wegen doppelter Ausschreibung
Sehr geehrter Herr Doell,
Ihre Stellungnahme ist -vor allem wegen des Umfangs- beeindruckend aber nicht überzeugend. Nach Sichtung der einschlägigen Kommentierung scheint eine Minderheit der Meinungzu sein, dass es sich bei den in Rede stehenden Leistungen um Besondere Leistungen handelt. Die Mehrheit sieht das aber wohl anders. Ich möchte den Disput an dieser Stelle nicht weiter fortsetzen, empfehle Interessierten aber, die Kommentierung, insbesondere Locher, Koeble, Frick sowie Korbion, Mantscheff, Vygen zu sichten. Für den Fragesteller sehe ich gute Chancen, seinen Anspruch auch ohne vorherige schriftliche Vereinbarung durchzusetzen.
Martin Glane
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18.10.2010 at 19:55 Uhr |
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fdoell
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Re: Mehrforderung wegen doppelter Ausschreibung
Nur dass der Fragesteller der Bauherr war, der fragte, ob er denn zahlen müsste...
Lieber Bauherr,
auch wenn Sie mit den von mir genannten Urteilen möglicherweise das Recht hätten, Mehrforderungen abzulehnen, weil sie als Besondere Leistungen einzustufen wären, für deren Honorierung eine gesonderte schriftliche Vereinbarung bei Auftragserteilung hätte getroffen werden müssen, und auch wenn Kollege Glane mit seiner Ansicht Recht hätte, dass das Büro mit Verweis auf Kommentare möglicherweise doch einen Anspruch auf zusätzliche Vergütung hätte - das alles ist vermutlich nur relevant, wenn Sie mit dem Büro oder es mit Ihnen vor Gericht gehen.
Vielleicht denken Sie einfach mal darüber nach, dass das Büro nichts dafür konnte, das ein Unternehmen insolvent wurde und das Büro zusätzlichen Aufwand hatte. Setzen Sie sich doch mal zusammen und besprechen, wieviel Aufwand das war und was dabei mit üblichen Stundensätzen für ein Honorar anfiel. Vielleicht einigen Sie sich ja gütlich und verzichten auf die ganze Juristerei... um aller Seelenfrieden willen (denken Sie mal an den Aufwand, wenn das vor Gericht geht - ist es das wert?).
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Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
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19.10.2010 at 12:06 Uhr |
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