fdoell
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Re: 33% Überhöhte Kostenberechnung
Zunächst einmal müsste sich der Haustechnikplaner selbst erklären. Wenn alle HOAI-Grundleistungen vergeben sein sollten, gehört zu Lph. 7 u.a. "Kostenkontrolle durch Vergleich des Kostenanschlags mit der Kostenberechnung", dieser Vergleich sollte schriftlich vorliegen und die Differenz erklären.
Weiterhin ist zu bedenken, dass eine Vergabesumme noch keine Abrechnungssumme ist.
Schließlich gilt: "ein Preis ist etwas, das sich am Markt bildet". Kostenberechnungen basieren auf Erfahrungswerten und liegen bei seriösen Planern nie an der untersten Grenze eines evtl. erzielbaren Marktpreises. Da die Kostenberechnung ja nicht nur der Honorarberechnung dient, sondern vor allem der Finanzierungsplanung, wäre es fatal, wenn sie am Markt nicht realisiert werden könnte - und das bei schon teilweise beauftragten Gewerken und dem erreichten Baufortschritt...
Aus der Rechtsprechung sind die Vorgaben bekannt, dass Kostenschätzungen max. 30% von der Kostenfeststellung abweichen sollten (Planerziel: 20%), Kostenberechnungen max. 20% (Planerziel: 10%) und Kostenanschläge (Vergabesummen) max. 10% (Planerziel: 5%). Insofern klingt die von Ihnen genannte Abweichung zunächst einmal eher viel.
Um ein "zu viel" zu diagnostizieren, sollten Sie jedoch auch noch überprüfen, ob es denn zwischen dem Entwurf und der Ausschreibung planerische Abweichungen, Massenänderungen, Standardänderungen o.ä. gab - in diesem Fall müssten Sie bzw. Ihr Planer die Kostenberechnung eigentlich zunächst einmal "bereinigen", d.h. die Kosten ermitteln, die nach aktuellem Planungsstand zu erwarten gewesen wären. Sie sollten dabei auch klären, dass die Ausschreibung tatsächlich vollständig ist, d.h. dass alle Punkte aus der Kostenberechnung auch tatsächlich in LV-Positionen umgesetzt wurden und damit - falls es bei dieser Planung bleibt - keine Nachträge zu erwarten sind. Das sollten Sie sich von Planer mal bestätigen lassen.
Weiterhin ist das gesamte Ausschreibungsergebnis zu beachten - wieviele Bieter haben die Qualifikationsvorgaben erfüllt, wie liegen die Angebote in der Streuung, gibt es auch Angebote über der Kostenberechnungssumme usw. Das sind alles Faktoren, die normalerweise - neben allen anderen oben genannten Punkten - zu einer Angebotsprüfung und -wertung mit Vergabevorschlag gehören, um dem Bauherrn genau diese Fragen zu beantworten. Vielellicht haben Sie ja einfach Glück gehabt, dass ein Bieter zufällig dringend Arbeit brauchte und auf alle Risiko- und Gewinnmargen oder gar auf die Deckung der allgemeinen Geschäftskosten (alles zusammen vielleicht 10 oder 20 %) verzichtete, nur um seine Leute nicht zu entlassen?
Sollte Ihnen eine solche Auswertung und Erläuterung nicht vorliegen, Sie jedoch Lph. 7 beauftragt haben, sollten Sie diese Leistung zunächst einmal vom Planer einfordern.
Erst wenn nach all diesen Klärungen immer noch übrig bleibt, dass die Abrechnungs- (nicht Auftrags-) Summe um mehr als 20% unter der Kostenberechnungssumme bleibt, kann man von einer Abweichung sprechen, die evtl. honorartechnisch relevant ist.
Von Interesse könnte dabei auch sein, ob Ihnen überhaupt eine Kostenberechnung nach DIN 276 vorlag, d.h. mit Massenermittlungen der einzelnen Leistungen (vgl. z.B: auch http://www.hoai.de/forum/viewtopic.php?TopicID=983&page=0#3450) oder ob da viele Pauschalen drin standen. Das würde evtl. auch erklären, warum die Kostenberechnung nicht so exakt stimmte und deshalb etwas hoch angesetzt war.
Zu guter letzt könnten Sie aber auch noch etwas anderes bedenken - neben dem komischen Gefühl, dem Planer zu viel Geld zu bezahlen, sollten Sie evtl. auch noch ein viel besseres Gefühl haben, bei der Ausführung ein Vielfaches dessen gespart zu haben. Vielleicht können Sie sich ja dann doch noch das eine oder andere Extra an anderer Stelle leisten...
Aber gerne auch ernsthaft: wenn der Planer bei Berücksichtigung aller genannten Pujnkte einsehen muss, dass seine Kostenberechnung zu hoch war, sollte diese einvernehmlich bzgl. der Honorarberechnung auf ein niedrigeres Maß verringert werden. Relevant wäre das dann nicht nur für seine eigene Honorierung, sondern auch für die des Gebäudeplaners, bei dem die Kosten der TGA ja nach § 32 (2) mit anrechenbar sind.
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Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
www.doellconsult.de
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