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kleinsteff
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Anrechenbare Kosten durch Entsorgung belasteten Baugrunds
Für ein Straßenbauvorhaben wurden auf ca 1000 m Bestandsstraße 4 Schurfe angeordnet. Alle 4 Schurfe brachten unbelastetes Material zum Vorschein (Beprobung durch Laboruntersuchung ausgewertet). Ergänzung: vor der Planung und Ausschreibung.
Derzeit nimmt keine Erdaushubdeponie mehr Material ohne korrekte Haufwerksbeprobung vor.
Ergänzung: Derzeit läuft der Aushub des Koffers unter der Bestandsstraße. Die Haufwerksbeprobung der ersten Miete ergab nun Z 1.2. Material. Die hochgerechneten MEHRKOSTEN für das BV betragen also bis zu 400.000 Euro netto.
Inwiefern ist man als Ingenieurbüro für die Organisation der Beprobung und der Entsorgung verantwortlich?
Wenn man sich dafür hergibt, wie soll das vergütet werden? Erhöhung der Anrechenbaren Kosten?
Ergänzende Frage: wenn man für seinen Bauherren eine (legale) Lösung gefunden hat und gegenüber der herkömmlichen Entsorgung mittels Wiedereinbau beachtliche Summen Geld spart: wie darf/kann sowas vergütet werden?
[Edited by kleinsteff on 07.08.2017 at 14:35 Uhr]
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07.08.2017 at 11:22 Uhr |
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CT1956
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Re: Anrechenbare Kosten durch Entsorgung belasteten Baugrunds
Hallo zusammen,
wir haben mit diesem Thema bei Verlegung von Leitungen relativ häufig zu tun. Wenn wir Kenntnis von der Notwendigkeit der Entsorgung haben, fließen die Kosten in die Kostenberechnung ein. Dann sind durch einen Geotechniker Kubatur, Beprobung und Einstufung bereits bekannt und die Entsorgung wird mit Erfahrungskosten angesetzt. Die Maßnahmen für die Entsorgung werden dann ordnungsgemäß geplant, zum Teil auch mit Zeichnungen, in denen dargestellt ist, welcher Teil wie zu entsorgen ist, teilweise mit Schwarz-Weiß-Bereichen bei gefährlichem Abfall. Das haben Bauherren bisher immer akzeptiert.
Überraschungsfunde im Boden sind die wenigen Momente, in denen man Mengen nicht planen kann. Deshalb bin ich der Meinung, dass man dafür einen Nachtrag zur Kostenberechnung schreiben muss, der dann auch honorarrelevant ist, der sich aber nur auf die Überwachung der Maßnahme auswirkt, nicht auf die Planung und das Leistungsverzeichnis. Unsere Bauherren erwarten in der Regel eine Beschäftigung mit der Materie einschließlich Organisation des Begleitscheinverfahrens und selbstverständlich die Prüfung der Rechnung.
Überraschungsfunde in diesem großen Maße haben wir noch nicht erlebt, sodass wir keinen großen Nachtrag schreiben mussten.
Selbstverständlich bedarf der Nachtrag der Genehmigung des Bauherrn, sowohl für die Erhöhung der Budgetkosten im Zuge der Kostenberechnung, als auch für die Erhöhung der Honorarabrechnung für die Überwachung.
Die Angelegenheit mit einer Optimierung würde ich als Erfolgshonorar anbieten, also keine Grundleistung, deshalb nicht automatisch abrechenbar, erst nach schriftlicher Vereinbarung.
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Dipl.-Ing. (FH) Christian Tietje
Energie- und Wärmetechnik
Gießen 1983
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07.08.2017 at 17:03 Uhr |
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fdoell
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Re: Anrechenbare Kosten durch Entsorgung belasteten Baugrunds
quote: kleinsteff wrote:
Inwiefern ist man als Ingenieurbüro für die Organisation der Beprobung und der Entsorgung verantwortlich?
Die Benennung der Notwendigkeit einer Beprobung sowohl planungsvorbereitend als auch während der Bauausführung ist Teil der Grundleistung "Beraten zum gesamten Leistungsbedarf" in Lph. 1.
Im Raum München werden meist 2 Büros eingesetzt: eines für den Straßenbau, eines für Altlasten und Baugrund. Nur sehr wenige Büros sind in beiden Bereichen wirklich kompetent und könnten alles qualifiziert aus einer Hand anbieten.
Das Schadstoffbüro übernimmt dann die Vorabbeprobung (hierfür sind ggf. besondere Zulassungen für qualifizierte Probennahmen notwendig) einschl. Labor und Abstimmung der notwendigen Entsorgung mit den Umweltbehörden, ferner dann die Aushubüberwachung (vor allem wenn höher belastete Abfälle auftreten, deren Trennung von weniger belastetem Material eine Frage der Wirtschaftlichkeit ist), die Deklarationsanalytik, Beweissicherungsproben, Abstimmung der Analyseergebnisse mit den Behörden und Festlegen der Entsorgungswege, Anordnungen wie Zwischenabdeckungen am Haufwerkslager, Durchführung des Begleitscheinverfahrens und eine regelmäßig von den Umweltbehörden geforderte Abschlussdokumentation, in der u.a. die Mengen und Entsorgungswege angeführt sind.
quote: Wenn man sich dafür hergibt, wie soll das vergütet werden? Erhöhung der Anrechenbaren Kosten?
Ganz persönliche Meinung: Sie sollten sich nicht "dafür hergeben"! Die Tätigkeit einer umweltbezogenen Ingenieurleistung ist keine Prostitution! Wer etwas nicht gern und damit gut macht, sollte die Finger davonlassen.
Probenahme und Analytik sind - wie Baugrunduntersuchungen geotechnischer Art - immer Besondere Leistungen. Auch das Begleitscheinverfahren ist dem Grunde nach Bauherrensache und deshalb nicht in den HOAI-Leistungen enthalten. Man kann aber bei der Definition der Örtlichen Bauüberwachung natürlich diese Leistungen auch als Straßenbauleitungsbüro mit übernehmen.
Unabhängig davon gehören die Entsorgungskosten von Erdbaustoffen zu den anrechenbaren Kosten, wobei die Regeln des § 46 Abs. 4 Nr. 1 hier ggf. auch zur Anwendung kommen können.
quote: In Ihrem Fall
stellt sich auch die Frage: ist denn das Aushubmaterial bautechnisch zum Wiedereinbau geeignet und war es dafür auch vorgesehen (solange es als unbelastet galt)? Was führt zu der Annahme, dass bei einer Z1.2 Belastung die anderweitige Verwertung (Wiedereinbau) oder gar Entsorgung (Deponierung) das "herkömmliche Verfahren" darstellt und nicht der Wiedereinbau an Ort und Stelle?
§ 3 Abs. 4 HOAI sagt: "Die Wirtschaftlichkeit ist stets zu beachten". Hieraus könnte man ableiten, dass eine Kostenminimierung bei HOAI-Leistungen vertraglich ohnehin geschuldet ist. Ein Erfolgshonorar nach § 7 Abs. 6 für Planungsleistungen, die technisch-wirtschaftliche oder umweltverträgliche Lösungsmöglichkeiten nutzen und damit zu einer wesentlichen Kostensenkung ohne Verminderung des vertraglich festgelegten Standards führen, würde ich mir als Bauherr erst mal ganz genau erklären lassen. Denn wenn etwas einem sofort in den Kopf kommt (Wiedereinbau), steckt da wohl keine Planungsleistung dahinter, die ein Erfolgshonorar rechtfertigen würde.
Übrigens stellt sich mir die Frage, wer denn wohl bei 1000 m Straßenlänge der Auffassung war, 4 Schürfe würden da statistisch genügend Auskunft über die Belastung des Bodens geben. DER hat wohl wenig Ahnung von dem Geschäft gehabt. Hoffentlich waren das nicht Sie. Denn der Mehraufwand, den der AG durch die späte Kenntnis von der Belastung hat, könnte dann als Schadensersatzforderung an Sie herangetragen werden (nicht die 400.000, aber der Zeitaufwand des AGs, evtl. zusätzliche Finanzierungskosten bei privaten Bauherrn usw.); den Imageschaden wegen ungenügender Beratung bekommen Sie leider kostenlos.
quote: Derzeit nimmt keine Erdaushubdeponie mehr Material ohne korrekte Haufwerksbeprobung vor.
Das ist nicht erst seit kurzem so, sondern bereits seit vielen Jahren. Entsprechende Maßnahmen in der Ausschreibung gehören also zum Know-how eines qualifizierten Straßenbauplaners.
____________________________
Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
www.doellconsult.de
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08.08.2017 at 06:29 Uhr |
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kleinsteff
Level: Sr. Member
Beiträge: 208
Registriert seit: 16.09.2015
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Re: Anrechenbare Kosten durch Entsorgung belasteten Baugrunds
Danke für die Antworten schon mal.
Herr Doell: Jedes Haufwerk, das derzeit zur Haufwerksbeprobung erstellt wurde, hat eine andere Belastung vorzuweisen. Mal kommt (laut LAGA PN 98 Beprobung durch einen Sachverständigen) eine Chloridbelastung, mal eine PAK-Belastung, mal Phenol zum Vorschein.
Der Bauherr möchte den Aushub entsorgt haben, die Lagerflächen füllen sich "langsam". Die Entsorgung "belasteten Materials", das wissen Sie ja, ist nicht easy. Nicht jede Deponie kann/darf/will das Material nehmen. Die Preisunterschiede sind enorm, was sich auf die Gesamtkosten des Bauwerks massiv auswirken kann. Den Überblick, wie was beprobt werden sollte, damit es in eine "günstige" Entsorgung kommen kann, hab ich nicht, weshalb ich mich derzeit für den Bauherren darum kümmere, dass sich entsprechende Sachverständige in diesem Fach darum kümmern. Parallel zur ausführenden Firma sollen natürlich noch weitere Angebote für die Entsorgung eingeholt werden. Das ist ein recht hoher Aufwand. Deshalb meine Frage, ob die Entsorgungskosten dann zu den AnrebaKo addiert werden.
Wer hat denn wohl 4 Schurfe beauftragt? Der Planer? Nein, der Bauherr.
Bei den 4 Schurfen quer durch die Fahrbahn wurden 4 Mischproben genommen. Alle 4 waren unauffällig. Es kam 4 mal ein ähnlicher Baugrund zum Vorschein. Augenscheinlich lag 4 mal ähnlicher, alter Fahrbahnkoffer vor.
Und ja, bis vor einem Jahr wurde hier im Raume Regensburg tausende Kubikmeter Straßenkoffer jährlich mittels der StLB-Pos "Lösen, laden, Eigentum AN, entsorgen" problemlos beseitigt. Ich weiß, dass es andernorts schon länger so ist, keine Sorge. Entsprechende Maßnahmen sind im Übrigen geplant und ausgeschrieben: lösen, laden, fördern, in Mieten aufsetzen. LAGA Beprobungen wurden in der KoBe erfasst. Entsorgungskosten jedoch nicht. Wie auch.
Bzgl. der Wiederverwertung habe ich versucht, das Material völlig legal in einer anderen Baumaßnahme als RC-Material unterzubringen. Der AG würde sich aufgrund dieser Bemühungen hochgerechnet eine mittelgroße 6-stellige Summe sparen.
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08.08.2017 at 09:23 Uhr |
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fdoell
Level: Moderator
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Registriert seit: 10.01.2003
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Re: Anrechenbare Kosten durch Entsorgung belasteten Baugrunds
Nun, dann machen Sie ja (bzw. haben das bereits bei der Ausschreibung getan) deutlich mehr als mir nach der ersten Frage in den Sinn kam.
Getreu dem Motto "es gibt nur eine Kostenberechnung für einen Planungs- und Wissensstand" kann man nun honorartechnisch folgendes betrachten:
Die Kosten lt. Kostenberechnung wären, wenn die heutigen Erkenntnisse bereits bei Beginn der Lph. 2 bekannt gewesen wären, von vornherein in den Kostenermittlungen richtig angesetzt worden und damit anrechenbare Kosten.
Nun werden während der Baumaßnahme in Lph. 8 Besondere Leistungen der Lph. 1 nachgeholt (Baugrunderkundungen sind technische Bestandserkundungen), was für Teile der zu beplanenden Bauteile, nämlich hier die auszuhebenden Erdmaterialien und Auffüllungen, neue Durchläufe durch die Leistungsphasen bedeutet.
Rein HOAI-mäßig betrachtet liegt ein Fall analog § 10 Abs. 1 HOAI vor, so dass Sie sich mit dem AG über eine Vergütung für den Mehraufwand einigen müssen. Als Vorschlag können Sie versuchen, Grundleistungen aller betroffenen Leistungsphasen zu definieren. Wenn der AG sich darauf einlässt, können Sie aber auch der Einfachheit halber z.B. ab Lph. 5 höhere aK ansetzen, wie sie sich nach Auswertung aller Entsorgungsmöglichkeiten ergeben (quasi als um die Entsorgungskosten erhöhte Baukosten), oder noch die halbe oder ganze Lph. 3 dazu nehmen o.ä. Alle Grundleistungen ab Lph. 2 werden Sie sicher nicht nochmal erbringen.
Es kann auch sein, dass sich die Honorarzone erhöht.
Letztlich geht es aber um den Geldbetrag, den Sie für Ihre Mehraufwendungen erhalten. Sie können die Regeln dazu bereits jetzt schriftlich vereinbaren oder einen Festbetrag ausmachen.
Dann gibt es da noch Ihre Bemühungen um Vermittlung des Einbaus an einer anderen Baustelle. Das ist in der Tat eine Besondere Leistung, die üblicherweise nicht geschuldet wird und für die ein Erfolgshonorar vereinbart werden kann. Leider beträgt es nur noch 20% des vereinbarten Honorars und nicht mehr 20% der ersparten Summe wie früher einmal. Aber immerhin. Sie müssten das halt schriftlich mit dem AG vereinbaren. Empfehlung: holen Sie das Rechnungsprüfungsamt mit ins Boot. damit es später keine Überraschungen gibt.
Und fürs nächste Mal der Rat: in Lph. 2b Analyse der Grundlagen mehr Untersuchungen fordern, d.h. Wiedereinstieg in Lph. 1b Beraten zum gesamten Leistungsbedarf. Oder den AG formell darauf hinweisen, dass die Baugrunduntersuchungen nicht ausreichend sind. Ich weiß, dass die meisten Planer nicht so formell mit ihrem AG umgehen wollen. Die Konsequenz ist dann aber, sich hinterher mit Fragen wie Ihren beschäftigen zu müssen.
[Edited by fdoell on 09.08.2017 at 08:30 Uhr]
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Herzliche Grüße
Friedhelm Doell
Beratender Ingenieur
HOAI-Sachverständiger
www.doellconsult.de
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08.08.2017 at 15:12 Uhr |
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kleinsteff
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Re: Anrechenbare Kosten durch Entsorgung belasteten Baugrunds
Danke für ihre Erläuterungen!
Am besten wäre, das Ganze Thema ab Haufwerk über Verwertung und Entsorgung durch den AG an ein Fachbüro zu vergeben.
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09.08.2017 at 05:58 Uhr |
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