HOAI-Forum
Anzahl Angebote Fachplanung
Guten Tag,
ich bin junger Architekt und erarbeite aktuell die LP2 für einen großen Anbau. Ich habe bereits eine Liste mit mehreren Vorschlägen für alle an der Planung zu beteiligenden Fachplaner erstellt und will nun Angebote einholen.
Für das Baugrundgutachten habe ich dies schon erledigt und drei Angebote angefordert. Allerdings war der Aufwand deutlich höher als erwartet (fehlerhaftes Angebot das korrigiert werden mussten, Bauherren denen ich alles haarklein erklären muss, Angebote nachfassen).
Aufgrund des beschriebenen Mehraufwandes würde ich gerne für die fehlenden Fachplaner nur zwei Angebote einholen, der AG wünscht sich aber drei.
Ich konnte keine Angaben finden wie viele Angebote in LP2 für die Integration der Fachplanung notwendig sind. Kann mir hierzu jemand Auskunft bzw. eine Empfehlung geben?
Danke & Gruß
Janis Millard
Sehr geehrter @janis-millard,
wenn ich es richtig verstehe, dann holen und werten Sie für Ihren Auftraggeber die Honorarangebote für die Fachingenieure und Sonderfachleute ein?
In Ihrem Fall muss man genau unterscheinde, wann Ihr Architektenvertrag zustande gekommen ist, bzw. welche Fassung der HOAI Ihrem Vertrag zugrunde liegt, bzw. welcher Leistungssoll Ihnen vertraglich übertragen wurde.
Hinweis Nr. 1: Wenn Ihrem Vertrag die HOAI und somit die in der Anlage 10 (für das Leistungsbild Gebäude und Innenräume) definierten Grundleistungen der jeweiligen Leistungsphase als geschuldeter Leistungssoll zugrunde liegt, dann gehört das Einholen und Werten der Planerangebote nicht zu Ihrem Grundleistungsumfang und folglich nicht zu den vom Grundhonorar abgegoltenen Leistungen.
Im Zuge der LP 1 haben Sie lediglich die Aufgabe (LP 1 d), Entscheidungshilfen für die Auswahl anderer an der Planung fachlich beteiligter zu formulieren. Dazu recicht schon ein Hinweis mit eventuell einer Begründung, weshalb Sie "die und die" Fachingenieurleistungen für die Fortführung der Planung benötigen. Mehr nicht.
Im Zuge der LP 2 haben Sie die Aufgabe (LP 2 e), die Ergebnisse der Fachplanung zu koordinieren und in die Gesamtplanung zu integrieren. Dazu gehört aber keine Angebotseinholung und Wertung der Angebote!
Hinweis Nr. 2: In der rechten Spalte der LP 1 (Anlage 10 der HOAI) werden (nicht abschließend) einige Vorschläge für Besondee Leistungen aufgezählt. Hier findet sich u.a. die "Verfahrensbetreuung, Mitwirken vei der Vergabe von Planungs- und Gutachterleistungen".
Wenn Ihnen diese Aufgabe vertraglich übertragen wurde, dann handelt es sich i. S. d. HOAI um eine Besondere Leistung. Im Geltungsbereich der HOAI 2013 konnte das Honorar für die Besonderen Leistungen frei vereinbart werden. Seit der HOAI 2021 gilt kein Preisrecht und die HOAI ist lediglich eine Empfehlung. D.h. schulden Sie nach dem Vertrag nur die Grundleistungen der HOAI, müssten Sie sich mit Ihrem AG über eine Zusatzvergütung für diese Besondere Leistung einigen. Wurde in Ihrem Vertrag diese Leistung gesondert beauftragt, dann prüfen Sie, ob dafür ein Zusatzhonorar vereinbart wurde oder die Leistung als mit dem Grundhonorar abgegolten gilt.
Hinweis Nr. 3: Wenn Sie nun mit diesen Hinweisen an Ihren AG herantreten und nun klar über den von Ihnen verlangten Leistungsumfang und die Honorierung (für das Einholen und Werten der Planerangebote) sprechen, dann klären Sie direkt im Vorfeld:
- Welche Leistung wünscht sich der AG von Ihnen. Wie soll das Angebotsverfahren und das Endergebnis aussehen? Wie viel Bieter sind anzufragen, sind die Bieter im Vorfeld zu kontaktieren, um Ihre Kapazitäten abzufragen? Welcher Leistungsumfang soll überhaupt abgefragt / ausgeschrieben werden? Wie soll die Wertung der Angebote erfolgen? Wird am Ende ein Preisspiegel benötigt? Wird am Ende eine Entscheidungsvorlage benötigt? Müssen von Ihnen Absageschreiben erstellt und verwendet werden? Müssen Sie Nachverhalungsgespräche führen? U.v.m.
- Wenn Sie Leistungsumfang geklärt haben, dann können Sie Ihren Aufwand entsprechend schätzen und Ihr Angebot kalkulieren.
Hinweis Nr. 4: Wenn bei Ihrem Projekt Fördermittel eine Rolle spielen oder Ihr AG ein öffentlicher AG sein, dann wäre ohnehin zu klären, ob die Vergabe der Planungsleistungen nicht in einem VgV Verfahren durchzuführen wäre...
Ich hoffe, ich konnte Ihnen schon mal weiter helfen!
FLEMING.CONSULTING.
Sachverständigenbüro für Honorare & Leistungen der Architekten und Ingenieure (HOAI)
Vergabeberater (VgV & UVgO)
Büro: 0212-23282378
Mobil: 0157-75703987
E-Mail: info@fleming-consulting.de
Web: www.fleming-consulting.de
Sehr geehrter Herr Fleming,
ganz herzlichen Dank für die ausführliche, detaillierte und professionelle Antwort. Diese hat mir sehr weiter geholfen.
Veröffentlicht von: @alexander-flemingwenn ich es richtig verstehe, dann holen und werten Sie für Ihren Auftraggeber die Honorarangebote für die Fachingenieure und Sonderfachleute ein?
Ja, das ist korrekt.
Ich habe für den Vertrag eine Vorlage der AKNW nach der aktuellen HOAI genutzt. Unterzeichnung war August 23.
Ich werde mit dem Verweis auf die Sonderleistungen nach HOAI mit dem AG eine Vereinbarung treffen.
Noch eine Frage hierzu: Wäre es grundsätzlich denkbar, das die AG eigenständig die Angebote bei den Fachplanern anfordern? Oder würden Sie empfehlen, dass ich diese Arbeit erledige? Ein Stundensatz wurde bereits im Vertrag vereinbart, da in kürze eine Bauvoranfrage gestellt werden soll, die auch als Sonderlesitung abgerechnet wird.
Danke & Gruß
Janis Millard
Veröffentlicht von: @janis-millardganz herzlichen Dank für die ausführliche, detaillierte und professionelle Antwort. Diese hat mir sehr weiter geholfen.
Sehr gerne!
Veröffentlicht von: @janis-millardNoch eine Frage hierzu: Wäre es grundsätzlich denkbar, das die AG eigenständig die Angebote bei den Fachplanern anfordern? Oder würden Sie empfehlen, dass ich diese Arbeit erledige?
Da muss ich mit dem Lieblingssatz der Juristen antworten: Das kommt drauf an:-)
Die Frage ist: trauen Sie sich diese Leistung zu und würden Sie die gesamte Angebotsanfrage / Vergabebetreuung durchführen wollen?
Wie bereits oben geschrieben, müssten dafür einige Parameter mit dem AG abgestimmt werden, wie die Leistung auszusehen hat und welches Ergebnis Sie abliefern sollen (also Leistungsdefinition), danach können Sie auf dieser Grundlage erst ein Angebot kalkulieren. Oder natürlich alles nach Stunden abrechnen (falls vereinbart), diese dann aber dokumentieren. Eine Stundenabrechnung sieht für viele Planer zunächst absolut fair aus, doch viele vergessen, dass damit lediglich der Aufwand abgegolten wird. Sind die Stundensätze nicht kalkuliert, verzichtet man in den meisten Fällen auf den Gewinn, dem man mit seiner Leistung schließlich erzielen möchte.
Aus meiner Sicht wäre wirklich wichtig zu prüfen, ob bei Ihrem Projekt Fördermittel im Spiel sind und ob bestimmte anforderungen an die Vergabe von Planungsleistungen einzuhalten wären. Insb. seit der vor Kurzem erfolgten Streichung im § 3 VgV ist das Thema umso wichtiger.
Eine VgV Betreuung ist aufwandstechnisch noch mal eine Nummer größer als freie Angebotseinholung, Wertung und Vergabe.
FLEMING.CONSULTING.
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Web: www.fleming-consulting.de
Hier noch etwas lesenswertes zur Streichung des § 3 Abs. 7 Satz 2 VgV und zukünftiger Pflicht zur Addition der Honorare für Planungsleistungen zur Bestimmung des EU-Schwellenwertes.
https://www.fleming-consulting.de/post/bundesrat-beschliesst-den-vgv-lockdown
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Veröffentlicht von: @alexander-flemingDie Frage ist: trauen Sie sich diese Leistung zu und würden Sie die gesamte Angebotsanfrage / Vergabebetreuung durchführen wollen?
Es handelt sich um einen kleinen Anbau in Holzbauweise mit ca. 120m² BGF. Eine Liste mit Vorschlägen für die entsprechenden Gutachterleistungen und Fachplaner habe ich bereits erstellt.
Ich bin zwar noch relativ unerfahren was die selbstständige Arbeit als Architekt angeht, habe aber schon mehrere Jahre Berufserfahrung in den LPH 1-5 sammeln können. Also grundsätzlich würde ich mir das Verfahren zur Angebotsanfrage und Vergabebetreuung zutrauen.
Allerdings sind meine ersten AG Bauingenieure (ohne Bauvorlageberechtigung). Voraussichtlich werde ich nur für LPH 1 bis 4 beauftragt werden (aktueller Vertrag für LPH 1+2), da die AG Planungshonorar einsparen wollen. Daher könnte ich mir vorstellen, dass auch bei der weiteren Angebotsanfrage und Vergabe Geld gespart werden soll.
Veröffentlicht von: @alexander-flemingAus meiner Sicht wäre wirklich wichtig zu prüfen, ob bei Ihrem Projekt Fördermittel im Spiel sind und ob bestimmte anforderungen an die Vergabe von Planungsleistungen einzuhalten wären. Insb. seit der vor Kurzem erfolgten Streichung im § 3 VgV ist das Thema umso wichtiger.
Bisher wurde nur eine Kfw-Förderung angedacht. Diese ist allerdings nur für Neubauten und nicht für Anbauten gedacht. Ob wir den Anbau als Neubau geplant bekommen, kann ich aktuell noch nicht einschätzen.
Veröffentlicht von: @alexander-flemingEine VgV Betreuung ist aufwandstechnisch noch mal eine Nummer größer als freie Angebotseinholung, Wertung und Vergabe.
Ein VgV-Verfahren wird nicht nötig sein, oder?
Danke & Gruß
Janis Millard
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