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Baukostenobergrenze (Beschaffenheit)

4 Beiträge
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1,452 Ansichten
(@mitglied)
Trusted Member
Beigetreten: Vor 13 Jahren
Beiträge: 44
Themenstarter  

Werte Forumsteilnehmer,

spricht irgendetwas (z.B. aus dem BGB oder Rechtsprechung?) dagegen, dass man eine Baukostenobergrenze als Beschaffenheit gleich ab LPH 1 schriftlich vereinbart?

Ihr Mitglied

Dieses Thema wurde geändert Vor 3 Jahren von Mitglied

   
Zitat
fdoell
(@fdoell)
Mitglied Moderator
Beigetreten: Vor 22 Jahren
Beiträge: 273
 

Wir haben in Deutschland Vertragsfreiheit, zulässig ist das schon.

Die Frage ist eher, auf welchem Kostenniveau (bezogen auf die Planungsaufgabe) liegt die Obergrenze und auf welcher Basis wollen Sie PLAN- oder IST-Kosten mit der Grenze vergleichen - auf Basis von Kostenschätzungen, Kostenberechnungen, Kostenvoranschlägen (verpreisten LVs) oder Kostenanschlägen (Unternehmerangebote) - oder erst ganz am Ende (Kostenfeststellung)?

Abhängig davon dürfte sich nämlich für den Planer die Frage stellen, ob er eine solche Vereinbarung eingeht oder nicht.

Ferner stellt sich die Frage, ob Sie einen Generalplaner haben und alle (!) Randbedingungen und sämtliche Bedarfsanforderungen des Auftraggebers vorab bekannt sind, so dass der Planer bei Vertragsabschluss weiß, worauf er sich einlässt, oder ob das Bauprogramm noch gar nicht im Einzelnen definiert ist und Fachgutachten (Baugrund, Energiefragen) sowie die Fachplanungen (Technische Ausrüstungen und Tragwerksplanung) separat beauftragt werden, so dass ein Planer darauf gar keinen Einfluss hat.

Mit herzlichen Grüßen
Friedhelm Doell
ö.b.v. HOAI-Sachverständiger
doell@doellconsult.de


   
AntwortZitat
FLEMING.CONSULTING.
(@alexander-fleming)
Mitglied Moderator
Beigetreten: Vor 4 Jahren
Beiträge: 157
 

Sehr geehrter @mitglied,

der BGH im Jahre 2019 (Az.: VII ZR 266/17) klargestellt hat, dass eine vertraglich vereinbarte Baukostenobergrenze als Beschaffenheitsvereinbarung und als eine Hauptleistungspflicht des Architekten anzusehen ist.
Die Obergrenze kann man sowohl von Anfang an vertraglich festlegen, aber (wie in vielen Fällen gelebt wird) auch nachvertraglich vorgeben/vereinbaren. Natürlich müssen in solchen Fällen auch beide Seiten „mitspielen“. Eine nachträglich „schwammig“ vereinbarte Baukostenobergrenze ist für den AG oft schwierig, da dieser in der Nachweispflicht einer solchen ist (OLG Frankfurt, Urteil vom 20.11.2014 - 15 U 19/10; BGH, Beschluss vom 08.11.2017 - VII ZR 91/15).

In der Praxis kann eine Baukostenobergrenze aber auch in einigen Fällen gewisse Nachteile für den AG haben. Wenn die Vorstellungen oder Kostenvorgaben des AGs unrealistisch sind (überspitzt gesagt z. B. ein Schloss für 1.000 €), dann kann ein Ergebniskonflikt zwischen der Kostenobergrenze und dem Leistungssoll des Architekten entstehen. In einem solchen Fall könnte die Unmöglichkeit der Vertragserfüllung und somit eine Störung des Vertragsverhältnisses nach § 275 BGB unterstellt werden.
Es kann aber auch noch weiter gehen: ist der Bauherr nicht in der Lage bzw. nicht gewillt, durch gezielte Entscheidungen den Zielkonflikt zu lösen und der Störung des Vertragsverhältnisses positiv entgegenzuwirken, liegt die nachträglich eingetretene Unmöglichkeit der Leistungserbringung in seinem Verschulden. Hier besteht die Gefahr der Kündigungsvergütung nach § 326 Abs. 2 BGB.

Zusammengefasst kann man sagen: eine Baukostenobergrenze erscheint auf den ersten Blick wie ein Fangnetz für die Kostenentwicklung, kann in vielen Fällen jedoch für den gesamten Planungs- und Bauablauf hinderlich sein und sich als eine „Nebelgranate“ entpuppen. Einerseits würde ein vorsichtiger und pfiffiger AN im Falle einer solchen Vereinbarung keine Möglichkeit einer Bedenkenanmeldung bei jeder Planungsänderung oder Sonderwunsch des AGs auslassen. Andererseits liegen viele Aspekte des Umsetzungsablaufes außerhalb des Machtbereiches des AN-ers. Hierzu können z. B. die Entwicklung der Baupreise oder auch gesetzliche/behördliche Vorgaben zählen.

FLEMING.CONSULTING.
Sachverständigenbüro für Honorare & Leistungen der Architekten und Ingenieure (HOAI)
Vergabeberater (VgV & UVgO)
Büro: 0212-23282378
Mobil: 0157-75703987
E-Mail: info@fleming-consulting.de
Web: www.fleming-consulting.de


   
AntwortZitat
(@mitglied)
Trusted Member
Beigetreten: Vor 13 Jahren
Beiträge: 44
Themenstarter  

Vielen Dank an die beiden Experten. Unser Problem ist, dass nur absolut limitierte finanzielle Mittel je Bauvorhaben im Land Berlin vorgegeben sind und die Planer sich von Beginn an diese halten müssen, notfalls auch umplanen müssen, wenn die Kostenobergrenze überschritten ist. Aufgrund eines beschleunigten Verfahrens bei Schulbauten beauftragen wir jedoch bis LPH 5 durch und hätten ohne verbindliche Baukostenobergrenze erst danach eine Handhabe, wenn "das Kind schon in den Brunnen gefallen wäre". Eine Ausführungsplanung auf die vorgegebenen Baukosten anzupassen wäre natürlich viel aufwendiger.


   
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