HOAI-Forum
Fortgeführte/fortgeschriebene Genehmigungsplanung 1:50
Hallo,
Vielleicht kann jemand hier etwas Klarheit über die geschuldete Planungsleistung bringen:
Es wurde unter einem Verbraucherbauvertrag ein EFH beauftragt. Planungsleistungen wurden vom GU uebernommen. Der GU beauftragt einen Architekten als Subunternehmer. Entwurfsplanung/Genehmigungsplanung und "fortgefuehrte Genehmigungsplanung 1:50". Es gibt keinen Bezug im Vertrag auf HOAI und auch keine Beschreibung der Planungsleistungen - lediglich welche Unterlagen bei einer Genehmigung ausgehaendigt wurde. Die Baugenehmigung wurde im vereinfachten Verfahren eingeholt und liegt vor.
Jetzt soll der Vertrag vor Baubeginn aufgeloest oder gekuendigt werden. Die "fortgefuehrte Genehmigungsplanung 1:50" wurde jetzt vom GU vorgelegt und durch einen Gutachter begutachtet (öbv). Der Gutachter musste anhand der fehlenden Leistungsbeschreibung der "fortgefuehrten Genehmigungsplanung 1:50" die Planung auf Basis einer Ausfuehrungsplanung vergleichen, da ein Leistungsbild "fortgefuehrte Genehmigungsplanung" fehlt. Auf den Plaenen/Zeichnungen die vom GU erhalten wurden, steht "Ausfuehrungsplanung". Der Architekt hat ggu des Bauunternehmens "Werkplanung" abgerechnet, die der GU bezahlt haben moechte.
Die vorgelegte Planung an sich enthält schon technisch wesentliche Fehler und das Haus kann auf der Basis nicht mangelfrei hergestellt werden - zusaetzlich wurden die fehlenden Detailplaene, teiweise falsche Legenden/Baustoffe, fehlende Materialangaben und viele fuer eine Ausführung notwendige Details angemerkt.
Für die Planung ist eine Mängelanzeige rausgegangen.
Die Frage ist aber, wie abgesehen von den technisch wesentlichen Fehler der vorliegenden Planung, die anderen Sachen zu beurteilen sind (zb fehlende Materialangaben und viele fuer eine Ausfuehrung konstruktiv notwendige Details) - kann man diese bei einer "fortgefuehrten Genehmigungsplanung" erwarten?
Alles was ich bislang über fortgeführte Planungen gelesen habe, bezieht sich die Fortführung auf die Ausführungsplanung und auf Änderungen während des Bauablaufes. Vertraglich muss aber die "fortgeführte Genehmigungsplanung" vor Baubeginn vom Bauherren abgezeichnet werden, bzw ist Voraussetzung für den Baubeginn - dh das kann nicht um eine "fortführung" während des Baus handeln.
Hat jemand mal so eine "fortgeführte Genehmigungsplanung" gesehen, die sich auf den Zeichnungen "Ausführungsplanung" nennt?
Vielen Dank!
Guten Tag,
was genau geschuldet ist, ergibt sich ausschließlich aus dem Vertrag. Wenn der außer dem Begriff "fortgeführte Genehmigungsplanung" nichts enthält, muss der Vertrag ggf. durch Auslegung interpretiert werden. Dabei dürfte die Frage aufkommen, welche Leistung denn bei diesem Hersteller überhaupt erforderlich war, um das Haus zu bauen. Evtl. sollte nur die Entwurfsplanung hinsichtlich eventueller Genehmigungsauflagen angepasst werden, so dass dann genehmigte Planungsinhalte vorlägen im Detaillierungsstand einer Entwurfsplanung. Das kann z.B. dann vorkommen, wenn die Ausführungsplanung erst durch den Hersteller im Rahmen der beauftragten Ausführung erstellt wird.
Aus Sicht der HOAI-Grundleistungen und ihrer Vergütung betrachtet, müssen Sie nur bezahlen was Sie bestellt haben, § 8 Abs. 1+2. Was das ist, wissen Sie evtl. nicht, s.o.
Wenn Sie mit der "fortgeschriebenen Genehmigungsplanung" tatsächlich eine Ausführungsplanung bestellt haben, muss auch eine solche geliefert werden bzw. müssen Sie schriftlich um Nachbesserung ersuchen, wenn sie nicht dem bestellten Planungsinhalt entspricht.
Andererseits: wenn die fortgeschriebene Genehmigungsplanung nur eine auf den Stand der Genehmigung gebrachte Entwurfsplanung ist, müssen Sie auch keine Ausführungsplanung bezahlen (unabhängig davon, was im Planstempel steht, es gilt der Planinhalt).
Was Sie bislang bestellt haben, muss evtl. auch nicht das sein, was Sie heute gerne hätten. Vielleicht möchten Sie das Haus ja realisieren wie geplant, nur mit anderen Ausführenden. Auch dann wäre es eine Überlegung, ob dieser Planer für Sie die Ausführungsplanung macht oder besser nicht. Das sind alles aber Überlegungen, die wir in diesem Forum kaum abschließend klären können.
Mit herzlichen Grüßen
Friedhelm Doell
ö.b.v. HOAI-Sachverständiger
doell@doellconsult.de
Hallo Herr Doell,
Erstmal vielen Dank für die sehr hilfreiche Antwort. Beauftragt, lt Vertrag, waren Entwurfsplanung (Leistung nicht definiert), Baugenehmigung (definiert über die vorzulegenden Unterlagen) und die "fortgeführte Genehmigngsplanung" (wieder nicht definiert). Aus dem Vertrag an sich, kann man den Leistungsumfang absolut nicht erkennen, was dazu führt, dass es eine Auslegungssache wird - und nach dem EGBGB gehen Zweifel an der Auslegung der BLB zu Lasten des Unternehmens (bei Verbraucherbauverträgen).
Grundsätzlich gehe ich mal davon aus, dass eine Planung, egal wie sie bezeichnet wird, die von uns für einen Baubeginn freigegeben werden soll, grundsätzlich dazu geeignet sein muss, das Gebäude mangelfrei herzustellen. Das ist diese Planung, lt Öbv, leider überhaupt nicht, weil eben viele technische Fehler enthalten sind und Detailangaben fehlen, die man eben für eine Bauausführung benötigt. Wenn angedacht ist, dass eine Ausführungsplanung erst durch Hersteller im Rahmen der beauftragten Ausführung erstellt wird, dann können wir diese "fortgeführte Planung", in dem derzeitigen und unfertigen Zustand, auch nicht freigeben - das ist aber eine vertragliche Voraussetzung für den Baubeginn - die Freigabe der "fortgeführten Planung" durch den Bauherren. Und vertraglich stehen wir jetzt "vor Baubeginn" - alle durch uns zu erbringenden Vorraussetzungen dafür haben wir erfüllt.- bis auf Freigabe der "fortgeführten Planung".
Wir haben hier tatsächlich den Fall, dass wir uns jetzt von der Baufirma trennen wollen und den Bau mit einem anderen Unternehmen/Architekten fortführen wollen. Die Baufirma verlangt jetzt die Zahlung aller an das Architekturbüro geleisteten Zahlungen, inkl der "Werkplanung" - diese Planung ist aber zur Zeit nicht ausreichend, einen Bau ausführen zu können, da sie eben nicht vollständig ist bzw signifikante technische Mängel enthält. Also etwas voll zu bezahlen, was wir so nicht weiter verwenden können, ist natürlich für uns ein Problem. Der Öbv hat uns auch bestätigt, dass ich keinen Architekten oder Baufirma finden werde, der mit dieser Planung weiter arbeitet - sondern neu erstellen werden muss, weil sie zu fehlerhaft ist. Das steht genau so im Gutachten.
Die Baufirma besteht aber darauf, die "fortgeführte Planung" fertig zu stellen, da sie selbst gegenüber den Architekten eine vertragliche Zahlungsverpflichtung für die gesamte Planung hat, wofür wir naürlich zahlen sollen. Ich hatte auch angeboten, auf diese Planung zu verzichten und sie gleich mit einem neuen Architekten/BU durchzuführen - das wurde aber abgelehnt. Leider hatte ich, auf Basis der vergangenen Problemen während der Entwurfsplanung, die Befürchtung von eben solchen Planungsfehlern, wie sie jetzt eingetreten sind. Es gab bereits während der Entwurfsplanung massiven Schriftverkehr zu eklatanten Planungsfehler, die wir Gott sei Dank vor Einreichung der Baugenehmigung haben berichtigen lassen, durch einen Architekten des Bauherrenschutzbundes, der den Katalog der Fehler schirftlich festgehalten hat. Da es jetzt um eine Trennung geht, habe ich gleich einen Gutachter mit der Prüfung der Planung beauftragt - damit wir eben nur für etwas zahlen, was wir auch verwenden können.
Was wir bestellt haben - ist ein mangelfreies Haus. Natürlich sind wir davon ausgegangen, dass die enthaltenen Planungen (Planungsleistungen) das Bauunternehmen dazu befähigen, dieses auch so umsetzen zu können. Das hilft jetzt vielleicht nicht, den geschuldeten Leistungsinhalt "fortgefürte Planung" zu definieren, ich weiss.
Bianca
Dann empfehle ich einen umgehenden Gang zum Baurechtsanwalt, um eine fundierte Kündigung aus wichtigem Grund vorzubereiten.
Mit herzlichen Grüßen
Friedhelm Doell
ö.b.v. HOAI-Sachverständiger
doell@doellconsult.de
@fdoellDanke. Da sind wir bereits. Eine Mängelanzeige ist gemacht worden auf Basis des Gutachtens mit einer Fristensetzung zur Behebung der Mängel in der Planung. Leider konnte uns die Anwältin aber keine Klarheit darüber geben, was geschuldet ist (deswegen meine Frage) - eben weil es nicht klar ist. Der Gutachter konnte auch nur den Vergleich auf Basis einer Ausführungsplanung ziehen, da er auch keine Klarheit über die vertraglich geschuldete Leistung hatte. Ich möchte bloss nicht ausserordentlich Kündigen und dann heisst es - ja, das war doch gar nicht so geschuldet - und dannhabe ich eine ordentliche Kündigung am Hals.
Guten Abend @biancasing,
die sehr schwammige vertragliche Situation sowohl hinsichtlich des geschuldeten Leistungsumfangs als auch der entsprechenden Honorierung macht den Fall um so schwieriger. Sie haben m. M. n. bislang genau richtig reagiert und sowohl den Bausachverständigen als auch einen Rechtsanwalt einbezogen.
Eine außerordentliche Kündigung bringt immer Risiken mit sich und muss - wie Herr Doell schon geschrieben hat - fundiert vor- und aufbearbeitet werden. Erst, wenn man sich zu 100 % im Recht sieht, macht eine solche Kündigung Sinn, aber der RA wird Sie hier sicherlich kompetent beraten können.
Eine andere Möglichkeit wäre vielleicht noch zu überdenken: wenn die vertragliche Situation bislang schlecht und undefiniert war, muss diese ja nicht weiter auf diesem Stand fortgeführt werden. Eventuell ist es ratsam, sich mit allen Beteiligten an einen Tisch zu setzen und den Leistungssoll sowie die Honorierung erneut und m. H. der sachkundigen Beratung auszuarbeiten und vertraglich festzuhalten. Einmal einen Strich ziehen, alles "glatt bügeln" und neue Ziele setzen.
Es sei denn, Sie möchten auf der bisherigen Grundlage und aufgrund der gemachten Erfahrungen nicht mehr weiter machen und sich tatsächlich trennen.
FLEMING.CONSULTING.
Sachverständigenbüro für Honorare & Leistungen der Architekten und Ingenieure (HOAI)
Vergabeberater (VgV & UVgO)
Büro: 0212-23282378
Mobil: 0157-75703987
E-Mail: info@fleming-consulting.de
Web: www.fleming-consulting.de
@alexander-fleming Vielen Dank. Leider hat das Bauunternehmen kein besonderes Interesse an einer Fortführung - da sie den vertraglichen Festpreis bei der derzeitigen Marktlage nicht mehr aufrecht erhalten wollen und versuchen jetzt, aus dem Vertrag zu kommen. Einer der Vorschläge war eine einvernehmliche Vertragsauflösung - diese sie jetzt einduetig zu Ihrem Gunsten abrechnen wollen. Eine Gewährleistung für die bereits vorhandene Baugenehmigung (und der mangelhaften fortgeführten was-auch-immer Planung) wollen sie auch ausschliessen.
Wir sind zu einer Auflösung bereit und auch bereit, fair für vertraglich erbrachte und mangelfreie Leistungen zu zahlen. allerdings muss das für uns auch irgendwo verwertbar sein.
Wobei ich natürlich gestehen muss, dass die Bereitschaft der Vertragsauflösung sich auf der Tatsache begründet, dass wir bislang leider nur Probleme mit den gelieferten Planungen hatten und wir 1 Jahr nach Vertragsunterzeichnug leider immer noch auf Stand vor Baubeginn sind. Also ja, ich würde selbs auch am liebsten auflösen, um ehrlich zu sein - einvernehmlich am Besten. Nur muss halt die Leistung stimmen, die wir bezahlen und mitnehmen dürfen.
Manchmal muss aber auch um seines eigenen Seelenfriedens willen - und um in der Sache weiterzukommen - Ausgaben als Lehrgeld abschreiben, also sich mit der Baufirma vergleichen und mit anderen Beteiligten weitermachen. Angesichts Ihres Vorhaben geht es hier ja um einen relativ geringen Betrag.
Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, ich verdiene mein Geld mit der Beratung und Unterstützung von Bauherren und Planern. Aber um jeden Preis (NB!) den letzten Euro einzusparen, grenzt manchmal schon an die Grenze des "Sparens, koste es was es wolle".
Sprechen Sie mal intern und mit Ihrer Anwältin darüber...
Mit herzlichen Grüßen
Friedhelm Doell
ö.b.v. HOAI-Sachverständiger
doell@doellconsult.de
Oh, ich gebe ihnen da absolut Recht. Wir haben die bisher bezahlten Leistungen bereits um 8t EUR überbezahlt, nach Nachweis der Kosten (inkl der "Werkplanung"). Wir waren sogar bereit, auf Rückzahlung dieser 8t EUR zu verzichten, wenn wir die Planung hätten weiter verwenden können. Diese ist nicht der Fall. Die Baufirma will aber auch noch EUR 40t Vermittlungsprovision in Rechnung stellen. Bei allem Verständniss für Lehrgeld. Aber instgesamt EUR 60-70t zu bezahlen und bestensfalls mit einer Baugenehmigung ohne Gewährleistung die Firma aus dem Vertrag zu entlassen, ist nicht drin.
Ach ja, und dann müssten wir auch noch den neuen Archtiekten für eine neue - echte und mangelfreie - Werkplanung zahlen und die erhöhten Baupreise, weil wir die Baufirma aus dem Festpreisvertrag entlassen. Das wären mit der "vermittlungsprovison", Architekt und Baupreiserhöhung ca EUR 100t für den Genuss, eine Baufirma, die bisher spät und mangelhaft geliefert hat, aus der Verpflichtung zu entlassen, das Gebäude mangelfrei zum vereinbarten Festpreis zu erstellen.
Was denn für ein Vermittlungsprovision? Sie brauchen wohl echt gute Beratung. Das sollte Ihre juristische Vertretung längst aktiv geworden sein.
Mit herzlichen Grüßen
Friedhelm Doell
ö.b.v. HOAI-Sachverständiger
doell@doellconsult.de
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