HOAI-Forum
Sonderproblem der anrechenbaren Kosten bei der Medizintechnik
Liebes Forum,
wir befinden uns gerade im Umbau eines Medizintechnischen Gebäudes und hierbei soll ein neuer Computertomograph eingebaut werden. Dieser wiederum wird vom Nutzer beschafft, so dass der Medizintechnikplaner lediglich den Bereich der „Ausführungsplanung“ vor Ort sowie die „Bauüberwachung“ übernehmen soll. Eine eigenständige Planung des Geräts selbst erfolgt wohl nicht. Hier geht es vielmehr darum, gemeinsam mit dem Nutzer die Anforderungen an das Gerät zu definieren und den Einbau zu überwachen. Denkbar ist noch, dass ggf. Funktionsprüfungen nach dem Einbau übernommen werden sollen. Meiner Auffassung nach handelt es sich daher nicht um klassische Grundleistungen der Anlage 15 zu § 55 HOAI. Die relevanten Planungsleistungen sind bereits an Architekten, TGA- sowie Tragwerksplaner gebunden.
Ohnehin dürften unter den aktuellen Regularien CT-Geräte eher unter KG 612 zu verorten sein und damit ggf. nach dem Teil 3 Objektplanung zu vergüten sein, wenn Planungsleistungen (Grundleistungen) durch den AN erbracht werden. Eine Erhöhung der anrechenbaren Kosten für die TGA soll entsprechend dem HOAI-Kommentar von Locher/Koeble/Frik ausscheiden, da es eine vergleichbare Regelung für die TGA nicht gibt.
Interessant ist aber, dass wir nach HOAI die DIN 276 in der Fassung aus 2008 zugrunde legen und in der KG 474 von ortsfesten medizintechnischen Anlagen gesprochen wird. Gibt es hierfür Beispiele?
Wann wird beispielsweise aus einem ortsveränderlichen Betriebsmittel ein ortsfestes? Welche Bedingungen sollten erfüllt sein, dass ich nach HOAI von einer ortsfesten medizinischen Anlage sprechen kann?
Auch wenn vll. nicht ganz einschlägig, so definiert die EMV-Richtlinie Artikel 3 Absatz 1 Nummer 3 ist eine ortsfeste Anlage als „…eine besondere Kombination von Geräten unterschiedlicher Art und gegebenenfalls weiteren Einrichtungen, die miteinander verbunden oder installiert werden und dazu bestimmt sind, auf Dauer an einem vorbestimmten Ort betrieben zu werden…“.
Worin genau liegt der Unterschied zwischen der KG 372 „besondere Einbauten“ wie eben Labortische in Laboren und dem Einbau eines CT-Geräts, welche schon nach Größe und Gewicht vielleicht gar nicht mehr als bewegliche Sache definiert werden kann?
Gibt es hier im Bereich des Forums Erfahrungswerte bzw. gibt es zu diesem Thema Publikationen?
Vielen Dank im Voraus!
Was und wie zu vergüten ist regelt der Vertrag.
Nach Anlage 15 HOAI 2013 / HOAI 2021 sind u.a. Grundleistungen:
- GL 8a) „Überwachen der Ausführung des Objekts auf Übereinstimmung mit der öffentlich-rechtlichen Genehmigung oder Zustimmung, den Verträgen mit den ausführenden Unternehmen, den Ausführungsunterlagen, den Montage- und Werkstattplänen, den einschlägigen Vorschriften und den allgemein anerkannten Regeln der Technik“
- GL 8j) „Mitwirken bei Leistungs- und Funktionsprüfungen“
Nach Ihren Schilderungen erbringt die Fachplanung Medizintechnik zumindest einen Teil dieser Leistungen. Demnach (auch) Grundleistungen im Sinne der HOAI 2013/2021. Die GL 8j) sagt aber „Mitwirken“ nicht „Sierchführen“.
Fest mit dem Gebäude verbundene Medizintechnik gehört nach DIN 276 idF 2008 zur Kostengruppe 474 (idF 2018 zur KG 473). Krankenhaustechnik wie zB verschiebbares Ultraschallgerät, ist nach DIN 276 idF 2008 Kostengruppe 612 (idF 2018 KG 620). Im Allgemeinen sind Kosten der Kostengruppe 600 beim Leistungsbild Technische Ausrüstung nicht anrechenbar. Erbringt die Fachplanung Medizintechnik nach dem Vertrag zB Planungs-, Ausschreibungs- oder Überwachungsleistungen für Geräte bzw. Ausstattung (KG 610) sind diese Kosten aber anrechenbar. In diesem Fall sind die Kosten den Kosten der Anlagengruppe 7, KG 474 DIN 276 idF 2008 hinzuzurechnen (so auch FBS § 54 Rn. 10). Wann medizinische Geräte zur KG 474 oder zur KG 612 zuzuordnen sind ist vom Einzelfall abhängig.
In der DIN 276 idF 2008 steht unter KG 370: „Kosten der mit dem Bauwerk fest verbundenen Einbauten, jedoch ohne die nutzungsspezifischen Anlagen (siehe Kostengruppe 470). Für die Abgrenzung gegenüber der Kostengruppe 610 ist maßgebend, dass die Einbauten durch ihre Beschaffenheit und Befestigung technische und bauplanerische Maßnahmen erforderlich machen, z. B. Anfertigen von Werkplänen, statischen und anderen Berechnungen, Anschließen von Installationen.“ Werden die Einbauten / Geräte der KG 470 zugeordnet hat dies Vorrang.
Die Literatur zu diesem gesamten Thema ist m.W.n. recht dünn.
Freundlich grüßt Sie
Katja Gaiser
ö.b.u.v. Sachverständige für
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Katja Gaiser
von der IHK Nordschwarzwald
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Hallo Frau Gaiser,
vielen Dank schon mal für die Beantwortung. Dennoch bleiben folgende Fragen meinerseits:
1. Sie schreiben "Erbringt die Fachplanung Medizintechnik nach dem Vertrag zB Planungs-, Ausschreibungs- oder Überwachungsleistungen für Geräte bzw. Ausstattung (KG 610) sind diese Kosten aber anrechenbar. In diesem Fall sind die Kosten den Kosten der Anlagengruppe 7, KG 474 DIN 276 idF 2008 hinzuzurechnen (so auch FBS § 54 Rn. 10)" --> ich vermute, dass FBS ein Kommentar zur HOAI ist, den ich jedoch nicht habe. Können Sie mir dankenswerter Weise den Passus hier einstellen?
2. Mit "verschiebbaren Ultraschallgerät" meinen Sie diese, die üblicherweise auf einer Art Wagen mit Rollenfüße beweglich sind oder eher die Großgeräte?
3. im letzten Absatz beziehen Sie sich auf die DIN 276 zur KG 370 - meinem Beispiel mit dem CT folgend wäre zunächst mal zu klären, was "mit dem Gebäude fest verbunden" bedeutet. Hier könnte der Operationstisch selbst ggf. vergleichbar sein - je nach Verständnis, wie so ein OP-Tisch auszusehen hat, damit er als ein fest mit dem Gebäude verbundener Einbau einzustufen ist. Gibt es für die Prüfung bzw. Einordnung, ob eine mit dem Gebäude feste Verbindung vorliegt, ggf. allgemein gültige Anhaltspunkte/Beispiele?
Hallo Herr Patzer,
zu 1. Entschuldigen Sie. Manchmal denkt man nicht daran, die Kürzel zu erklären. FBS steht für den HOAI-Kommentar von Fuchs, Berger, Seifert. Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, ob es mir gestattet ist Auszüge daraus hier einzustellen. Sehen Sie es mir bitte nach.
zu 2. Ich meinte ein bewegliches Ultraschallgerät auf Rollen.
zu 3. Ja, richtig. Wichtig, was und wie zu vergüten ist regelt der Vertrag. Sind die entsprechenden Leistungen für den CT zu erbringen und die Vergütung richtet sich nach der HOAI, ist es m.A.n. für die Vergütung der Fachplanung Medizintechnik unerheblich, ob Ihr CT in die KG 474 DIN 276 idF 2008 oder in die KG 612 fällt. Ob eine feste Verbindung vorliegt oder nicht ist im Einzelfall zu prüfen. Wird z.B. ein Gerät mittels einfacher Verschraubung mit dem Boden verbunden und diese Verschraubung/Verbindung ist einfach wieder zu lösen, ist es aus meiner Sicht fraglich, ob es sich um eine feste Verbindung handelt.
Freundlich grüßt Sie
Katja Gaiser
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Guten Tag,
bzgl. der Teilleistungen sollten Sie vielleicht noch einmal erläutern, wie die Abgrenzung der Leistungen des Medizintechnikplaners von den Leistungen anderer an der Planung Beteiligter aussieht. Sie haben da nämlich ganz verschiedene Aufgaben benannt.
– Die Definition von Anforderungen an das Gerät gemeinsam mit dem Nutzer ist Teil einer Bedarfsplanung, das sind Leistungen außerhalb der HOAI (bzw. aus HOAI-Sicht Besondere Leistungen).
– Eine "Ausführungsplanung vor Ort" ist bzgl. des Leistungsinhalts unklar. Zum einen schreiben Sie, dass die relevanten Planungsleistungen bereits an Architekten, TGA- sowie Tragwerksplaner gebunden sind. Zum anderen ist eine Ausführungsplanung "vor Ort" eher unüblich – meist macht man eine Bestandsaufnahme der Situation vor Ort (Decken, Wände, Tragfähigkeit, Abschirmungen, elektrische Anschüsse, datentechnische Anschlüsse, nutzungsspezifische Anschlüsse usw.) und dann eine Planung vom Platzbedarf über die Zugänglichkeit (Einbringung über Aufzüge und Flure oder mit dem Kran durchs Fenster usw.) bis zur Tragfähigkeit der vorhandenen Konstruktion bis zu allen gewünschten Einzelheiten der Funktionalität der Technik selbst. Das Ganze stufenweise, wenn nicht im Einzelfall von den Abfolgen der Leistungsphasen abgewichen wird. Die Ausführungsplanung legt dann alle Details für die Ausführung der Anlage fest, wird aber nicht "vor Ort" (=durch örtliche Angaben = Improvisation) gemacht, sondern meist anhand von Plänen, Beschreibungen, Leistungsverzeichnissen usw. ( = Planung).
– Die Überwachung des Einbaus ist auch eher eine klassische Aufgabe der Objektüberwachung in der Gebäudeplanung, ggf. Tragwerksplanung und technischer Ausrüstung. Was wird da medizintechnisch überwacht?
– Funktionsprüfungen nach dem Einbau sind nach der HOAI Besondere Leistungen
Bzgl. der Zuordnung von Kostengruppen sollten Sie beachten, dass die HOAI die Anrechenbarkeit von Baukosten niemals an Kostengruppen der DIN 276 festmacht, sondern immer an Begriffen wie Baukonstruktion, Technische Anlagen, Maschinentechnik (bei Ingenieurbauwerken) und diverse bedingt anrechenbare Kosten nur eventuell beauftragter Leistungen z.B. nach § 33 Abs. 3 bei Gebäuden oder nach § 54 Abs. 4 bei der technischen Ausrüstung.
Wenn ein Gerät irgendwo hingestellt (oder -gerollt) werden kann und mit Anschlüssen der Ver- und Entsorgung per Steckverbindung o.ä. beispielsweise mal in einem, mal in einem anderen Raum angeschlossen werden kann, ist das ein ortsveränderliches Betriebsmittel.
Unter Installation ist eine feste Leitungsverbindung zu verstehen, ggf. auch mit konstruktiver Befestigung (je nach Art der Lastabtragung z.B. hängend an der Decke, auf Konsolen an der Wand, stehend - mit oder ohne Verschraubung – auf dem Boden).
Der wesentliche Unterscheid zwischen Einbauten bei der Baukonstruktion und Einbauten bei der technischen Ausrüstung ist (grob gesagt) die Art der Einbauten:
– Ist das ein Bauteil, dessen Zweck und Funktion durch die Hardware, sozusagen mechanisch, geleistet wird (Zugangsschutz, Sichtschutz, Schallschutz, Brandschutz usw), die ggf. bei beweglichen Bauelementen mit mehreren Stellungszuständen einen elektrischen Antrieb hat, ist es der Baukonstruktion zuzuordnen.
– Hat der Einbau eine technische Funktion, d.h. dass dort Medien, Daten, Strom o.ä. fließen und das Gehäuse ist als Schutzhülle der Medien zu verstehen oder besteht der Zweck der Anlage in einer Bewegung externer Dinge (z.B. Förderanlagen), ist es ein Einbau der technischen Ausrüstung.
Der Umfang der Planungsaufgabe und die anrechenbaren Kosten derselben stehen in einem engen Verhältnis zueinander, ja sie bedingen einander sogar. Was nicht zu planen ist, dafür sind auch keine Kosten zu ermitteln et vice versa. "Die für die anrechenbaren Kosten des Objektes gem. § 10 Abs. 1 HOAI (1988) maßgeblichen Kosten werden durch den Vertragsgegenstand bestimmt und begrenzt." (Urteil des BGH vom 06.05.1999 – VII ZR 379/97 (BauR 1999, 4045; IBR 1999, 324)).
Daraus ergibt sich auch die Anrechenbarkeit beweglicher Anlagenteile der technischen Ausrüstung ("Ausrüstung") innerhalb einer Anlagengruppe, wenn sie denn im Planungsauftrag enthalten sind (und nicht durch die Zuordnung zu einer Kostengruppe nach DIN 276 gleich welcher Fassung).
Aber Obacht: die Kosten solcher beweglichen Betriebsmittel gehören zwar zu den anrechenbare Kosten der Technischen Ausrüstung, wenn sie dort mitgeplant werden, aber nicht zu den beschränkt anrechenbaren Kosten technischer „Anlagen“ bei der Objektplanung. Sie teilen insofern allein durch die verwendeten Begriffe (Technische Anlagen vs. Technische Ausrüstung) das Schicksal der Kosten tatsächlicher technischer Anlagen in Außenanlagen und der nichtöffentlichen Erschliessung, die in § 54 Abs. 4 HOAI explizit erwähnt sind - die sind, wenn vom TA-Planer geplant, bei ihm anrechenbar, aber nicht bei der Objektplanung. Warum? Weil der - mit der Anrechenbarkeit bei der Objektplanung einhergehenden - Honorarerhöhung eine planerische Gegenleistung gegenübersteht, nämlich die Koordination und Integration bei der Objektplanung. Die entfällt auch bei beweglichen Betriebsmitteln.
Mit herzlichen Grüßen
Friedhelm Doell
ö.b.v. HOAI-Sachverständiger
doell@doellconsult.de
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