HOAI-Forum
Architekt Pflichtverletztung in Lph 1...was tun?
Hallo zusammen,
durch Recherche bin ich auf dieses Forum aufmerksam geworden, da hier bereits ein ähnliches Problem offenbar behandelt wurde (nur zur Info): https://www.hoai.de/hoai/forum/honorarberechnung-nach-hoai/anrechenbare-kosten-200-hoeher-nach-erstellung-der-planung/
Also auch wir wollten unser Dachgeschoss ausbauen. Da wir Laien sind, wollten wir uns entsprechende professionelle Hilfe holen, so zumindest der Plan. Also haben wir einen Architekten kommen lassen, ihm erläutert was so unser Ziel ist und gefragt, wo wir ungefähr preislich liegen würden (was den Umbau betrifft). Er meinte, dass er sich Gedanken macht, ihm ist ja jetzt die Anfrage bekannt und er meldet sich dann bzw. schickt ein Angebot.
Das Angebot bezog sich nach HOAI 2021 auf die Lph 1-3, als anrechenbare Kosten wurden 40.000€ genannt, nach HOAI (Basishonorarsatz, Honorarzone 3, 20% Nebenkosten und 5% Verwaltungskosten, etc.) dann ca. 2.375€ brutto. Die anrechenbaren Kosten (wir gingen davon aus, dass das etwa der Umbau kostet...also 1 Gaube, ein neuer Boden, bisschen Trockenbau, usw.) hätten auch bei 50.000€ liegen können, das wäre uns auch noch recht gewesen, je nachdem auch noch 60.000€. Mehr wollten wir aber keinesfalls investieren. Da sich das Angebot auf diese Kosten bezog, haben wir das beauftragt.
Wir haben auch 2 Varianten erhalten, aber keine Kostenschätzung. Wir haben uns für eine Variante für die Entwurfsplanung entschieden und man wollte uns noch eine Kostenschätzung zusenden. Das hat man aber auch hier erst (wie in dem verlinkten Fall) mit Abgabe der Lph3 entschieden, vorher kein Wort dazu, dass die Kosten dadurch deutlich höher würden. Die Kostenkalkulation belief sich dann auf 110.000€, was deutlich über dem liegt, was wir bereit wären zu investieren. Der Architekt bezog sich darauf, dass das eben die Kosten für diese Planung wären, das hätte alles seine Richtigkeit. Darunter geht kaum etwas bzgl. Umbau (ich hätte mir diese Aussage gerne früher gewünscht...wozu bestell ich mir denn einen Fachmann?). Er bezog sich auch darauf, dass wir ja per eMail geschrieben hätten, dass wir Variante 2 möchten. Das Honorar bezog sich dann auch auf die 110T€.
Nun gut, wir sind jetzt keine Leute die irgendwie Streit suchen. Also haben wir die Aussage, dass wir uns ja per Mail entschieden hätten "gefressen" und zähneknirschend bezahlt, auch wenn wir uns geärgert haben. Das ist jetzt ca. 9 Monate her.
Nun bin ich jedoch zufällig auf dieses BGH-Urteil gestoßen: https://openjur.de/u/620197.html
Darin wird erläutert, dass der Architekt in Lph1 gegenüber Privatpersonen eine Pflicht hat, einen Kostenrahmen abzustecken und auch eine Aufklärungspflicht, sollten die Kosten durch etwaige Planungswünschen deutlich steigen. Ein Anstieg um 175% finde ich schon erheblich. Nun, wir haben uns ob dieser hohen Kostenkalkulation entschieden, das Dach zu dämmen und entsprechend als Abstellfläche, etc. zu nutzen. Das ging ohne Baugenehmigung.
Nun stellt sich mir die Frage: Habe ich gegenüber des Architekten irgendeinen Anspruch? Grundsätzlich ja schon (so wird es in verlinktem Fall ja auch geschrieben). Nur trifft das auch zu, wenn ich bereits bezahlt habe und das auch schon fast 1 Jahr her ist? Hätte der Architekt seine Verpflichtung eingehalten (zum Abstecken eines Kostenrahmens, Abgabe einer Kostenschätzung für die beiden Varianten), wären mir einige Kosten erspart geblieben, etwa durch die deutlich gestiegenen Honorarkosten (die ja nun fast 3.000€ höher lagen). Auch wäre ggf. durch eine fachgerechte Beratung, was mit den 40.000€ (oder eben meinetwegen auch 60.000€, die wir als Schmerzgrenze genannt hätten) vielleicht ein anderer Entwurf rausgekommen, den wir dann umgesetzt hätten?
Ich habe gelesen, dass die Verjährungsfrist je nachdem 2-5 Jahre läuft, was ja noch Zeit wäre. Nur was könnte ich jetzt konkret tun?
Vielen lieben Dank!
Guten Tag,
1. Nach § 650p BGB § 650p BGB - Einzelnorm (gesetze-im-internet.de) muss der Planer, wenn noch keine Planungs und Überwachungsziele vereinbart sind, aber bereits ein Auftrag erteilt wurde, zunächst eine sog. Planungsgrundlage nebst Kosteneinschätzung vorlegen. Dies wurde 2018 ins BGB aufgenommen, um genau solche Fälle wie Ihren zu vermeiden. Wenn das nicht gemacht wurde, muss der Planer wohl das Geld zurückzahlen und bekommt nur den Aufwand für die Planungsgrundlage nebst Kosteneinschätzung vergütet.
2. Gehen Sie zu einem Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, lassen Sie sich dazu beraten und das Geld zurückfordern. Alles Weitere sind zunächst einmal keine Honorarfragen, sondern rein rechtliche.
Mit herzlichen Grüßen
Friedhelm Doell
ö.b.v. HOAI-Sachverständiger
doell@doellconsult.de
Veröffentlicht von: @fdoellGuten Tag,
1. Nach § 650p BGB § 650p BGB - Einzelnorm (gesetze-im-internet.de) muss der Planer, wenn noch keine Planungs und Überwachungsziele vereinbart sind, aber bereits ein Auftrag erteilt wurde, zunächst eine sog. Planungsgrundlage nebst Kosteneinschätzung vorlegen.
Was genau versteht man unter diesen Planungs- und Überwachungszielen?
Wir hatten damals (von uns aus, bevor wir an Architekten rangetreten sind) eine kurze (4 PDF-Seite) Zusammenfassung erstellt, in der erst kurz das bestehende Objekt beschrieben wird und dann (auch mit Skizzen/Plänen unterlegt) geschrieben, was wir uns in etwa vorstellen. Eine Kostenvorstellung haben wir da nicht reingeschrieben. Unser Ziel war es, den potentiell zu beauftragenden Architekten bereits per Mail etwas zukommen zu lassen, so dass diese entscheiden können, ob eine Angebotserstellung (bzw. ein entsprechender Ortstermin hierzu, etc.) überhaupt in Betracht kommt.
Könnte das bereits als Vereinbarung von Planungs- und Überwachungszielen von uns unbeabsichtigt ausgelegt werden?
Veröffentlicht von: @fdoell2. Gehen Sie zu einem Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, lassen Sie sich dazu beraten und das Geld zurückfordern. Alles Weitere sind zunächst einmal keine Honorarfragen, sondern rein rechtliche.
Ok, werde ich machen.
Unter einer Planungsgrundlage kann man sich eine „skizzenhafte“ Idee vorstellen, die mit graphischen Darstellungen, Texten und Kennzahlen einen groben Rahmen des zu planenden Objekts darstellt. Ziel ist es, dass der Bauherr sich vorstellen kann, ein solches Objekt planen zu lassen, da es seinen Bedürfnissen entspricht.
Zur Planungsgrundlage gehört auch eine Kosteneinschätzung. Eine Kosteneinschätzung ist keine in der DIN 276–1: 2008 “Kosten im Hochbau“ definierte Kostenermittlungsart; ihre Gliederung und Bearbeitungstiefe ist daher nicht durch eine Norm vorgegeben. Sie kann als grob überschlägige Kostenermittlung angesehen werden, ähnlich einer vorläufigen Kostenannahme in einem Planungsvertrag. Dabei geht es um die Größenordnung von Bau- und Baunebenkosten, denn der Bauherr kennt in der Regel seine Finanzierungsmöglichkeiten und kann bereits in diesem Stadium sagen, ob ein Planungsauftrag gemäß dieser Planungsgrundlage für ihn in Frage kommt oder nicht.
Mit herzlichen Grüßen
Friedhelm Doell
ö.b.v. HOAI-Sachverständiger
doell@doellconsult.de
Vielen Dank, das hilft mir weiter!
Eine letzte Frage noch: Was ist so ein übliches Honorar für solche eine Planungsgrundlage? Etwa ähnlich wie die Grundlagenermittlung oder schon eher wie die Vorplanung? Oder kann man das so nicht ermitteln? Letztlich müsste man dem Architekten diese Grundlage ja bezahlen (sofern man das Honorar zurückfordert), nur was wäre dort die Größenordnung?
Vielen Dank und ein schönes Wochenende!
Das sind bei einer solchen Massnahme i.d.R. ein paar Stunden zu einem angemessenen Stundensatz. Da der Planer die Leistung ja nicht erbracht hat, müsste man bewerten, wann denn eine erste Einschätzung möglich gewesen ist. Dazu müsste man sich anschauen was alles geliefert wurde, das ist in so einem allgemeinen Forum kaum möglich. Nach Ihrer Schilderung könnte ich mir im ersten Anlauf eine Grössenordnung zwischen etwa 800 und 2000 € vorstellen, das ist aber eine völlig unverbindliche Einschätzung..
Mit herzlichen Grüßen
Friedhelm Doell
ö.b.v. HOAI-Sachverständiger
doell@doellconsult.de
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