Skip to content

HOAI-Forum

Benachrichtigungen
Alles löschen

§ 53 technische Ausrüstung - 7. nutzungsspezifische Anlagen und verfahrenstechnische Anlagen

3 Beiträge
2 Benutzer
0 Reactions
179 Ansichten
(@nvogel)
New Member Customer
Beigetreten: Vor 3 Wochen
Beiträge: 2
Themenstarter  

Wir sind ein TGA-Büro und planen bei vielen Projekten auch die KG 550 Technische Anlagen in Außenanlagen sowie die KG 230 nicht öffentliche Erschließung

Es entsteht häufig die Frage wie die Leistungen korrekt abzurechnen sind. In der Regel werden die Kosten der KG 550 entsprechend auf die Anlagengruppen 1 bis 4 aufgeteilt und zugeschlagen. Also z.B. Leitungen für Pollerleuchten im Außenbereich werden über die Anlagengruppe 4 abgerechnet. 

Wann darf man gemäß HOAI eine getrennte Abrechnung über die Anlagengruppe 7.2 Verfahrenstechnische Anlagen anlegen?  

Hier ist in der Objektliste z.B. folgendes enthalten "Einfache Regenwasserbehandlungsanlagen". Wenn wir uns um die Rigole für die Regenwasserversickerung kümmern inkl. Erdarbeiten hat das aus unserer Sicht nicht mehr viel mit der Trinkwasserinstallation im Gebäude zu tun. Müssen diese Anlagen der Anlagengruppe 1 zugeschlagen oder können sie separat als Anlagengruppe 7 abgerechnet werden? 

Über ein Antwort würden wir uns sehr freuen, da uns dieses Thema immer wieder begegnet. 

Vielen Dank im Voraus und viele Grüße 

Natascha Vogel 


   
Zitat
Schlagwörter für Thema
fdoell
(@fdoell)
Mitglied Moderator
Beigetreten: Vor 22 Jahren
Beiträge: 267
 

Die HOAI kennt für Abwasseranlagen außerhalb von Gebäuden und Ingenieurbauwerken – als seltener Ausnahmefall – zwei Honorarberechnungsmethoden: wird der Auftrag separat vergeben, handelt es sich idR um ein Ingenieurbauwerk. Wird der Auftrag vom Planer technischer Anlagen eines Gebäudes, Ingenieurbauwerks oder eine Verkehrsanlage mitgeplant, erfolgt die Abrechnung gemeinsam mit den übrigen Anlagen derselben Anlagengruppe als technische Ausrüstung (§ 54 Abs. 1 Satz 1 iVm § 54 Abs. 4 HOAI).  

Zur Anlagengruppe 1 zählen nach der Objektliste in Anlage 15.2 HOAI ("Abwasser-, Wasser- oder Gasanlagen") z.B. Abwasseranlagen (Netze), Anlagen zur Reinigung, Entgiftung oder Neutralisation von Abwasser, zur Anlagengruppe 7.2 ("Verfahrenstechnische Anlagen") u.a. Regenwasserbehandlungsanlagen (die sprachlich von Abwasserbehandlungsanlagen = Anlagen zur Behandlung von Schmutz- oder Mischwasser unterschieden werden).

Mit der Anlagengruppe 1 korrespondiert die KG 411 "Abwasseranlagen" der DIN 276:2018, die u.a. Abwasserbehandlungs-, -sammel- und -hebeanlagen als tyische Anlagen aufführt, mit der Anlagengruppe 7.2 korrespondiert die KG 477 "Verfahrenstechnische Anlagen, Wasser, Abwasser und Gase", die u.a. Verfahrenstechnische Anlagen für Abwasserbehandlung und -entsorgung (z.B. Abwasserreinigungsanlagen, Regenwasserbehandlungsanlagen) beinhaltet.

Nun sagt die Kostenstrukturierung eines privaten Vereins ("DIN e.V.") nichts über die Zuordnung zu einem Leistungsbild und bei der technischen Ausrüstung zu einer Anlagengruppe nach der HOAI aus, aber auch die für die Zuordnung von Honorarzonen (!) zu berücksichtigende Objektliste der Anlage 15.2 nichts. Letztere benennt nur häufig vorkommende (und daher zu Vereinfachungszwecken bei Neubauten und unstrittiger Übereinstimmung der Parteien gerne zu vereinbarende) Honorarzonen für Anlagen, die den nach anderen Kriterien bestimmten Anlagengruppen 1 oder 7.2 zugeordnet sind. Aus der Benennung in der Objektliste lässt sich aber kein eindeutiger Rückschluss auf die zutreffende Anlagengruppe ziehen, wenn wie hier Regenwasserbehandlungsanlagen sowohl in Anlagengruppe 1 als auch in Anlagengruppe 7.2 im Rahmen der Regel-Honorarzonendefinition genannt werden. Es müssen also andere Kriterien für die Abgrenzung von technischen Anlagen der AG 1 und 7.2 gefiunden werden.

Was gilt als Verfahrenstechnik im Rahmen der HOAI-Abrechnung?

Zunächst einmal werden – im Gegensatz zu nutzungsspezifischen Anlagen (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 2 HOAI) –  die Kosten aller Anlagen der Anlagengruppe 7.2 Verfahrenstechnische Anlagen zu einer Summe zusammengefasst. Dies ist ein Hinweis darauf, dass es hier um die komplette verfahrenstechnische Behandlung von Wasser oder Abwasser geht, wie sie typischerweise in Wasserwerken und Klärwerken angewendet wird – die Benennung der Regenwasserbehandlung mit Hz II ist dabei dann möglicherweise nur ein einzelner Baustein, da ja bekanntlich die Kosten aller Anlagen einer Anlagengruppe zwar zu einem Eingangswert in die Honorartabellen zusammengefasst werden (§ 54 Abs. 1 Satz 1), eine mittlere Honorarzone aber über eine Gewichtigung von Einzelkosten der jeweiligen Anlagen errechnet wird (§ 56 Abs. 4). Ob also Regenwasserbehandlungsanlagen als Einzelanlagen der Anlagengruppe 7.2 zugeordnet werden können, ist sicherlich zu bejahen, ob sie aber so gedacht waren, ist eher fraglich.

Welche weiteren Kriterien könnten für die Zuordnung Beachtung finden?

Die erläuternde "Überschrift" in der DIN 276 spricht bei der übergeordneten KG 410 von "sanitärtechnischen Anlagen", die KG 470 von "mit dem Bauwerk fest verbundenen Anlagen, die der besonderen Zweckbestimmung dienen" – was bei Außenanlagen eher für eine Zuordnung zur AG 1 spräche.

Ein weiteres Kriterium kann der erteilte Auftrag sein – geht es beim Zweck der Regenwasserversickerungsanlage vorwiegend um eine Abwasserableitung in Richtung Untergrund, die je nach Verschmutzungsgrad und Boden möglicherweise einer mechanischen Vorbehandlung bedarf, oder geht es vorwiegend um die Reinigung verschnmutzten Abwassers, das anschließend versickert werden darf? Dies kann sich u.a. in dem erteilten Auftrag für die Planung bestimmter Anlagengruppen ausdrücken.

Und nicht zuletzt ist die tatsächliche technische Lösung (ggf. unabhängig vom erteilten Auftrag, aber das ist eine andere Thematik) zu betrachten, die sich ebenfalls mit der hauptsächlichen Zielrichtung der Planung befasst (Abwasserentsorgung in den Boden oder Abwasserreinigung).  

Bei den allermeisten Anlagen, die der Regenentwässerung eines Bauwerks dienen, würde ich von der Zuordnung zur Anlagengruppe 1 ausgehen, da es nicht primär um das Ziel der Reinigung von Regenwasser geht.

Um auf Ihre Frage zurückzukommen: Natürlich hat die Planung einer Regenwasserversickerungsanlage nicht viel mit der Planung einer Wasserversorgungsanlage zu tun. Da aber Wasser- und Abwasseranlagen honorartechnisch in einer Anlagengruppe zusammengefasst sind, wirkt der Vergleich einer Wasser- mit einer Abwasseranlage zwar plastisch, trifft aber nicht den Kern der Sache – immerhin sind in dieser Anlagengruppe auch Gasanlagen eingeschlossem, die mit beiden anderen Anlagenarten auch nicht viel zu tun haben. Richtiger wäre also der Vergleich "was hat die Panung von Abwasserleitungen und zugehörigen Sanitärgegenständen mit der Versickerung in Schächten, Mulden oder Rigolen zu tun, der ggf. eine Vorreinigung durch Oberbodenpassage, Absetzschächte o.a. vorgeschaltet ist?" Dann ist die fachliche Distanz auch nicht mehr so groß. Betrachtet man die Anlagengruppe 1, gehören dazu ja auch noch Anlagen zur Reinigung, Entgiftung (Leichtflüssigkeitsabscheider, Aktivkohle- oder Substratfilter) und Neutralisation (ob man das nun chemisch bzgl. des pH-Wertes sieht oder einfach eine notwendige Vorbehandlung zur danach zulässgen Einleitung in eine Abwasserreinigungsanlage oder eben den Untergrund will). Einzig das Durchfließen von Böden ist nicht explizit genannt, aber bei den Ingenieurbauwerken auch nicht.

Aus meiner sachverständigen Sicht und der eigenen Erfahrung mit der Betreuung von Versickerungsanlagen (als Planer und in der fachtechnischen Abnahme, die in Bayern auf Private übertragen ist) überwiegt die Anzahl und Schwere der Gründe für eine Zuordnung von Regenwasserversickerungsanlagen wie beschrieben zur Anlagengruppe 1. Wenn jemand das zu den Verfahrenstechnischen Anlagen (Schwerpunkt Abwasserbehandung) zählen möchte, müsste er es gut begründen können.

Um den honorartechnischen Nachteil der Zusammenfassung der Kosten mit denen anderer Anlagen der AG 1 etwas auszugleichen, ist dabei auf die richtige Honorarzoneneinordnung der Abwasserreinigungsanlage zu achten und § 56 Abs. 4 konsequent anzuwenden. Das heißt also, nicht bei Vertragsabschluss eine Honorarzone für alles zu vereinbaren, sondern die Honorazonen je Einzelanlage nach erfolgter Planung zu bestimmen.

 

Diese r Beitrag wurde geändert Vor 3 Wochen von fdoell

Mit herzlichen Grüßen
Friedhelm Doell
ö.b.v. HOAI-Sachverständiger
doell@doellconsult.de


   
AntwortZitat
(@nvogel)
New Member Customer
Beigetreten: Vor 3 Wochen
Beiträge: 2
Themenstarter  

@fdoell Vielen Dank für diese sehr ausführlich Antwort 😊


   
AntwortZitat
Teilen:

Login

zu Ihrem persönlichen HOAI.de Profil. Hier können Sie sich einloggen, wenn
Sie bereits registrierte(r) Nutzer(in) von HOAI.de sind.

Sind Sie neu hier?