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Anrechenbare Kosten bei Leistungsphase 6, 7 und 8

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(@the1ne)
New Member
Beigetreten: Vor 3 Jahren
Beiträge: 2
Themenstarter  

Hallo Experten,

ich habe gerade eine Abschlagszahlung von meinem Architekten erhalten und war etwas verwundert über die Höhe. Deshalb wollte mich kurz erkundigen wie die Kostenkalkulation in einigen unterschiedlichen Fällen in den obengenannten Leistungsphasenvorgenommen wird.

1. Die Vorbereitung und Vergabe übernimmt der Bauherr komplett selbst (z.B. Schreinerarbeiten). Hier wäre ich davon ausgegangen, dass sich die anrechenbaren Kosten für 6,7 & 8 dementsprechend um den für das Gewerk veranschlagten kalkulierten Betrag reduziert.

2. Der Architekt schickt dem Bauherrn die Maße der jeweiligen Flächen zu (z.B. kalkulierte Flächen für Fliesen), der Bauherr macht die Ausschreibung selbst, vergibt den Auftrag selbst, und nimmt ihn auch ab.

3. Der Architekt bereitet die Ausschreibung vor, schickt sie raus und gleicht die Angebote ab. Der Vertrag wird jedoch direkt zwischen den Parteien geschlossen und die Überwachung des Gewerks findet durch den Architekten nicht statt.

3. Der Bauherr übernimmt ein Gewerk komplett in Eigenleistung (z.B. verputzen)

Könnt ihr mir sagen ob die anrechenbaren Kosten für die entsprechende Leistungsphase dementsprechend reduziert werden, oder nicht, und welche Leistungsphase in welchem Fall reduziert wird?

MfG Tom


   
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fdoell
(@fdoell)
Mitglied Moderator
Beigetreten: Vor 22 Jahren
Beiträge: 272
 

Guten Tag,

zunächst einmal ist die Frage, welche Leistungen Sie übertragen haben und welche nicht. Zum Vergleich: Wenn Sie ein Auto kaufen und es selbst lackieren möchten, weil Sie das gut können, müssen Sie das sicher von vornherein (also bei der Bestellung) mit dem Händler explizit vereinbaren... Hier gibt es mehrere denkbare Konstellationen:

- Sie beauftragen alle Leistungsphasen und alle Grundleistungen daraus

- Sie beauftragen nicht alle Grundleistungen der Leistungsphasen (hoffentlich mit einem schriftlichen Vertag, in dem genau geregelt ist, was der Planer tun soll und was nicht - wie wollen Sie sonst mal feststellen, ob der Planer alles gemacht hat was er in Auftrag hatte, so dass Sie die Abnahme der Planerleistungen erklären können und der eine Schlussrechnung stellen kann?)

- Sie definieren den Umfang gar nicht genau, sondern der Auftrag lautet im Prinzip "machen Sie was nötig ist", wobei auch da zu klären wäre, wann das wer im einzelnen feststellt und danach handelt (das gibt es häufig bei mündlichen Beauftragungen - zu beachten ist, dass der Planer nach § 8 HOAI dann auch nur abrechnen darf, was er gemacht hat).

Die rechtlichen Konsequenzen daraus - Pflicht zur Leistungserbringer durch den Planer und Pflicht zur Vergütung durch den Besteller, also Sie - sind in jedem Fall andere. Das kann man aber ohne Kenntnis Ihres Auftrags nicht allgemein ausführen, das wäre hier zu umfangreich. Einfach das Honorar reduzieren, wenn beantragte Leistungen nicht erbracht sind, geht rechtlich nicht, da sind die Grundsätze des Leistungsstörungsrechts zu beachten. Im Regelfall müssen Sie den Planer zunächst zur Leistung auffordern und ihm nachweislich (Einschreiben/Rückschein) Fristen setzen. Nur wenn er die Ausführung endgültig verweigert, kann das Honorar gekürzt werden. Stellen Sie nach Beendigung des Baus fest, dass der Planer nicht alle Leistungen erbracht hatte, gelten noch andere Regeln. Da berät Sie der Baurechtsanwalt Ihres Vertrauens am besten.

Aber gehen wir mal die von Ihnen genannten Fälle durch:

 

Unter "Vorbereitung der Vergabe" (Leistungsphase 6) versteht die HOAI die Erstellung von Leistungsverzeichnissen einschließlich Massenermittlungen, eine Baubeschreibung und das Ausfüllen von meist als Formularvertragsmuster vorliegenden Vertragsvorlagen wie Besondere Vertragsbedingungen u.a.m.  Ferner gehört dazu eine Vergreisung des LV-Blanketts zur genauen Kostenermittlung durch den Planer (der Kostenvoranschlag nach DIN 276-1) und der (schriftliche) Vergleich mit der Kostenberechnung und der Begründung von Abweichungen. Sind Sie sicher, dass Sie das selbst gemacht haben?

Wenn der Planer für ein Gewerk nur Massen geliefert hat und keine Leistungsverzeichnisse - was war vereinbart, was sollte er tun? Wenn er LVs liefern sollte, hätten Sie ihn zur Leistung auffordern müssen. Wenn nicht, wie war das Ganze geregelt?

 

In Lph. 7 "Mitwirkung bei der Vergabe" geht es um die Angebotseinholung (Versand der Unterlagen zur Angebotsaufforderung) und das Prüfen und Werten der Angebote, ferner die Mitwirkung bei den technischen Absprachen zur potenziellen Baudurchführung und die Zusammenstellung aller Unterlagen als Anlage für den Bauvertrag (manchmal auch das Vorausfüllen eines fertigen Bauvertragsmusters, aber auf keinen Fall die Aufstellung eines eigenen Vertrages). Unter Prüfen ist die Feststellung zu verstehen, dass das anbietende Unternehmen in der Lage ist, alle geforderten Aufgaben mit Personal, Gerät, Maschinen, ggf. Subunternehmern usw. termin- und leistungsgerecht durchzuführen und ob es alle geforderten Nachweise, Zulassungen usw. mit dem Angebot vorgelegt hat bzw. ob diese nachgefordert und auf Vollständigkeit geprüft werden müssen. Falls diese Voraussetzungen nicht alle erfüllt werden, kommt solch ein Angebot gar nicht in die Wertung. Die Wertung ist die wirtschaftliche Auswertung der Angebote, evtl. mit Nebenangeboten, mit einem Vergleich der verschiedenen Anbieter sowie einer (schriftlichen)  Vergabeempfehlung, ferner eine Dokumentation des gesamten Vergabeverfahrens.

Den Vertrag schließt immer der Bauherr mit den ausführenden Unternehmen ab, das ist keine Grundleistung, die der Planer zu erbringen hätte (oder ohne explizite Vollmacht rechtlich überhaupt wirksam dürfte).

 

Ob Sie Lph. 8 "Objektüberwachung" in Auftrag gegeben haben oder nicht, wissen wir nicht, auch das hängt von Ihrem Auftrag ab. Wenn sie in Auftrag war, muss der Planer sie natürlich auch wahrnehmen, wenn nicht, dann nicht.

Wenn der Bauherr ein Gewerk selbst ausführt, ist die Objektüberwachung mindestens genauso wie bei einer Fremdvergabe durchzuführen; meist ist die Überwachungsleistung sogar höher, denn wenn der Bauherr nicht zufällig gelernter Handwerker in dem Gewerk ist, kann sich der Objektüberwacher nicht einmal darauf verlassen, dass der Bauherr alle handwerklichen Selbstverständlichkeiten kennt und beachtet - trotzdem muss der Planer für die Sicherstellung der ordnungsgemäßen Ausführung haften.

Auch die Abnahme nach BGB ist eine Aufgabe, die rechtlich nur der Bauherr erledigen kann.

 

Diese r Beitrag wurde geändert Vor 3 Jahren von fdoell

Mit herzlichen Grüßen
Friedhelm Doell
ö.b.v. HOAI-Sachverständiger
doell@doellconsult.de


   
AntwortZitat
(@the1ne)
New Member
Beigetreten: Vor 3 Jahren
Beiträge: 2
Themenstarter  

Hallo,

 

und zuerst einmal vielen Dank für die ausführliche Erläuterung. Ich sehe schon, dass es dort keine allgemeine Regelung gibt, deshalb versuche ich etwas ins Detail zu gehen.

 

Vorab: Wir haben generell alle Phasen beim Hausbau beim Architekten beauftragt. Im Architektenvertrag haben wir jedoch festgehalten, dass der Bauherr jederzeit einzelne Gewerke aus dem gesamten Umfang oder den Leistungsphasen herausnehmen kann. Sei es durch den Umstand dass er diese selbst ausführt, oder er diese komplett selbst vergibt.

Im konkreten Fall haben wir im

Fall 1: Die kompletten Schreinerarbeiten an unseren Haus- und Hof Schreiner vergeben. D.h. das LV, und die Verträge für Türen, Parkett etc. haben wir selbst erstellt und ohne zutun des Architekten vergeben und ausführen lassen. In diesem Fall hätte ich nach Architektenvertrag erwartet, dass sich zu mindestens für die Lph 6 und 7 die anrechenbaren Kosten um den Betrag der in der Kostenaufstellung genannten Höhe für diese Gewerke reduziert wird. Da ein Architekt bei den Türen und dem Parkett zum Thema Überwachung wohl nicht wirklich viel beitragen kann bin ich darüber hinaus davon ausgegangen, dass auch eine Objektüberwachung nicht notwendig ist.

Fall 2: Fliesenleger. Hier ist es etwas komplexer. Hier hat der Architekt nach Plan Lph 6 und 7 ausgeführt. Da ich jedoch nach Absprache mit dem Fliesenleger einige der Arbeiten in Eigenregie, bzw. als Helfer durchgeführt habe hat sich der Preis drastisch reduziert. Wird hier der Preis angesetzt der kalkuliert war, oder der Preis den mich das Gewerk dann anschließend kostet?

Fall 4: Ob sich dieser von Fall 1 überhaupt unterscheidet kann ich nicht sagen. Wir haben jedoch die Garage komplett selbst verputzt und es gab weder eine Ausschreibung noch sonstiges. Reduziert sich dadurch nicht auch die anrechenbaren Kosten um den angesetzten Betrag X? Zu mindestens für Phase 6 und 7?

MfG Tom.

 

 


   
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fdoell
(@fdoell)
Mitglied Moderator
Beigetreten: Vor 22 Jahren
Beiträge: 272
 

Guten Tag,

wenn Sie alle Leistungsphasen komplett beauftragt haben, könnte das vereinbartermassen zulässige Herausnehmen von Gewerken in einzelnen Teilleistungen eine Teilkündigung darstellen, mit der Rechtsfolge, dass Sie das volle Honorar abzgl. der ersparten Aufwendungen zu zahlen haben. Vor allem, wenn Sie für diese Leistungsreduzierungen keine dazugehörige Honorarregelungen vereinbart haben. Das müsste man konkret am Wortlaut Ihres Vertrags prüfen.

Auch wäre im Einzelfall zu prüfen, ob die Herausnahme von Leistungen so rechtzeitig kommuniziert wurde, dass tatsächlich ein Minderaufwand für den Planer bestand bzw. ob Sie den Planer jeweils explizit (belegbar) aus der Leistung und Haftung entlassen haben.

Zu Fall 1: Sie „hätten nach Architektenvertrag erwartet“ – was soll das bedeuten? Entweder ist das im Vertrag geregelt oder nicht. Falls doch, prüfen Sie die Rechnung vertragsgemäß und fertig. Wenn Sie meinen, daß beim Parkett und den Türen nichts falsch gebaut werden könnte, wären Sachverständige für das Schreinerhandwerk nicht nötig... Der Planer haftet für die Überwachung der ordnungsgemäßen Ausführung aller Gewerke. Schauen Sie mal in die Grundleistungen der Anlage 10.1 HOAI, was tatsächlich erbracht oder nicht erbracht wurde.

Zu Fall 2: nach HOAI (seit der Fassung 2009) gilt das Kostenberechnungsprinzip, d.h. dass alle Leistungsphasen auf Grundlage von anrechenbaren Kosten vergütet werden, die nach § 6 HOAI aus der Kostenberechnung zu entwickeln sind. Außerdem gilt § 4 Abs. 2 Nr. 1 HOAI, wonach sich die anrechenbaren Kosten nach ortsüblichen Preisen richten, wenn der Bauherr selbst Lieferungen oder Leistungen übernimmt.

Zu Fall 4: siehe Fälle 1 und 2.

Da Sie im Vertrag die Honorierungsfolgen von Leistungsänderungen offensichtlich nicht geregelt haben,  ist, wenn Sie die HOAI als solche vereinbart haben, § 10 Abs. 1 anzuwenden. Bei Änderungen des Leistungsumfangs, der mit Änderungen anrechenbarer Kosten einhergeht (auch in späteren Leistungsphasen), müssen sich die Parteien über die Honorierungsänderung verständigen. Da gibt es keine festgeschriebene Regel, weil jeder Fall anders ist.

Sprechen Sie also mit dem Planer darüber und verständigen Sie sich auf ein Minderhonorar, das für beide Seiten angemessen ist! 

Tipp für alle Leser:

Regeln Sie im Vertrag die zu erbringenden Leistungen und das Honorar dafür! Wenn der Leistungsumfang variabel gestaltet werden soll (so wie in diesem Beispiel), muss auf die dazugehörigen Honorierungsregeln besonders geachtet werden.

Mit herzlichen Grüßen
Friedhelm Doell
ö.b.v. HOAI-Sachverständiger
doell@doellconsult.de


   
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