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Anrechenbare Kosten sinken, Honorar steigt?

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(@sentry)
Active Member
Beigetreten: Vor 9 Jahren
Beiträge: 7
Themenstarter  

Hallo,

angenommen, man hat ein teures Bauwerk außerhalb der Tabelle und ein vorläufiges Honorar frei vereinbart. Das Angebot war deutlich niedriger als z.B. nach RIFT-Tabelle ermittelt, aber auskömmlich, so dass alle unterschrieben haben.

Nun wird die Kostenberechnung gemacht und siehe da, die anrechenbaren Kosten des geplanten Bauwerks sind niedriger geworden, so dass man wieder innerhalb der Tabelle wäre. Bei der Ermittlung des endgültigen Honorars ergibt sich, dass das Honorar nach Tabelle ermittelt nun trotz niedrigerer anrechenbarer Kosten höher wäre, als das damals frei vereinbarte.

Hat der Auftragnehmer nun Anspruch auf das ermittelte höhere Honorar?


   
Zitat
fdoell
(@fdoell)
Mitglied Moderator
Beigetreten: Vor 22 Jahren
Beiträge: 294
 

Das hängt vom genauen Wortlaut der Vereinbarung ab. Ist ein HOAI-Honorar auf Grundlage der Kostenberechnung vereinbart und beim Überschreiten des Höchstwertes der Honorartabelle ein Pauschalhonorar oder eine Fortschreibung der HOAI-Tabellen? Soll dabei eine Abminderung nur bei Überschreiten der Tabellenhöchstwerte vorgenommen werden oder auch beim Unterschreiten derselben? Oder ist ein festes Honorar vereinbart, das nicht mehr vom Ergebnis der Kostenberechnung beeinflusst werden soll? 

Mit herzlichen Grüßen
Friedhelm Doell
ö.b.v. HOAI-Sachverständiger
doell@doellconsult.de


   
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(@sentry)
Active Member
Beigetreten: Vor 9 Jahren
Beiträge: 7
Themenstarter  

Hallo Herr Doell,

vielen Dank erst einmal für die Antwort. Da waren schon ein paar gute Denkanstöße dabei.

Nehmen wir einmal an, es würde zu Ihren Fragen im Vertrag nichts geregelt sein. Insbesondere gab es keine Vorgabe, wie der AN bei Überschreiten der Tabelle hinsichtlich der Honorarermittlung vorgehen solle.

Dem AN wurden auf Basis einer Kostenschätzung anrechenbare Kosten für die Objekte vorgegeben, er hat erkannt, dass er außerhalb der Tabelle liegt und einfach pauschal ein Honorarangebot (nur eine Zahl ohne Herleitung) für das Bauwerk angegeben. Auf dem Formular, wo er das eingetragen hat, steht oben "vorläufige Honorarermittlung". Allerdings fehlt der sonst übliche Passus "Abgerechnet wird nach Kostenberechnung" auf diesem Formular. Es ist also definitiv kein festes Honorar, aber wie wir zum Abrechnungshonorar kommen, wurde auch nicht wirklich festgelegt.

Zur Abrechnung gibt es lediglich einen Absatz in den Allgemeinen Vertragsbedingungen ungefähr in der Art: "Wird nach Annahme der Schlusszahlung festgestellt, dass die Vergütung abweichend vom Vertrag oder aufgrund unzutreffender anrechenbarer Kosten ermittelt wurde, so ist die Abrechnung zu berichtigen. Auftraggeber und Auftragnehmer sind verpflichtet, die sich danach ergebenden Beträge zu erstatten."

Sieht für mich irgendwie so aus, als wenn der AG Pech gehabt hätte und wegen dünner Vertragsgestaltung dem AN das höhere Honorar gewähren muss, obwohl die anrechenbaren Kosten gesunken sind.

Oder sehen Sie das anders?


   
AntwortZitat
fdoell
(@fdoell)
Mitglied Moderator
Beigetreten: Vor 22 Jahren
Beiträge: 294
 

Dann müsste eine (juristische) Vertragsauslegung erfolgen, die sich mit der Frage befasst, was die Parteien vereinbart hätten, wenn sie sich der Möglichkeit bewusst gewesen wären, dass die Kosten nach erfolgter Planung auch wieder soweit sinken könnten, dass die anrechenbaren Kosten innerhalb der Tabellengrenzen liegen. Ist das nicht ermittelbar, liegt möglicherweise keine übereinstimmende Willenserklärung vor und die Vereinbarung könnte dann nichtig sein - mit der Folge, dass die gesetzlichen Regelungen wie bei einem Planungsauftrag ohne Honorarvereinbarung gelten.

Es kann aber auch sein, dass die Pauschale weiterhin gilt - immerhin haben beide Parteien zugestimmt, dass dies bei höheren oder niedrigeren Kosten der Fall sein soll, als sie bei Vertragsanschluss angenommen wurden. Warum das gerade dann nicht mehr gelten soll, wenn die anrechenbaren Kosten im Extremfall 2 € niedriger sind (25.001 € —> 24.999 €), erschliesst sich jedenfalls nicht automatisch.

Die AGB-Klausel ist wohl nicht einschlägig und anzuwenden, wenn die Honorarermittlung weder vom Vertrag abweicht noch aufgrund anrechenbarer Kosten ermittelt wurde (die somit auch nicht falsch sein können); schliesslich liegt hier eine seit 2021 zulässige Pauschalhonorarvereinbarung vor (bei einem Verbraucher als AG, wenn ein Hinweis nach § 7 Abs. 2 HOAI in Textform erteilt wurde). Oder ist der Vertrag älter?

Sie sehen: letztlich kommt es doch auf den Wortlaut an - und evtl. darauf, wer den Auftrag erteilt hat.

Mit herzlichen Grüßen
Friedhelm Doell
ö.b.v. HOAI-Sachverständiger
doell@doellconsult.de


   
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(@sentry)
Active Member
Beigetreten: Vor 9 Jahren
Beiträge: 7
Themenstarter  

Ganz herzlichen Dank für die ausführliche Erläuterung. Das hilft mit auf jeden Fall weiter.


   
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