Hallo liebe Schwarmintelligenz 🙂
Ich hoffe hier auf einen Rat in Bezug auf die letzte Abschlagsrechnung unseres Architekten.
Kurze Version: Unser Architekt hat uns letzte Woche damit geschockt, dass die Angebote für die bisher angedachten Umbauarbeiten an unser Immobilie, die er bekommen hat, unser Budget um rund 250.000 Euro überschreiten. Wir haben direkt gesagt, dass wir das so dann nicht machen werden. Der nächste Schock kam gestern, als wir die 4. Teilrechnung erhielten und die anrechenbaren Kosten nicht mehr auf unserem Budget basierten, sondern auf den erhaltenen Angeboten, ohne das wir diese Sichten konnten. Gleichzeitig hat er sich in den Urlaub verabschiedet und ist erst nach Fälligkeit der Rechnung wieder erreichbar.
Lange Version:
Letztes Jahr im Mai traten wir in Kontakt mit einem Architekten aus der Umgebung, um unsere erworbene Immobilie (Baujahr 1976, 150qm) umfassend zu sanieren. Wir führten ein Vorgespräch mit unseren Wünschen und bekamen eine Größenordnung von 250.000 bis 350.000 Euro geschätzt. Dieses wurde in einen Auftrag gegossen und wir unterschrieben einen Auftrag nach HOAI mit allen Phasen ausser 4 und 9. Wir brachten ins Gespräch auch ein, dass wir auf Grund der Förderung ein KfW85EE-Haus anpeilen würden, sagten aber auch, dass wir da keine Profis sind und in Bezug auf Wirtschaftlichkeit und Sinnhaftigkeit auf sein Urteil vertrauen.
Es ging also langsam los mit der Planung. Im August kam dann die erste Hiobsbotschaft. Balkon ist Wärmebrücke. Lösungsvorschlag: Balkon und Terrasse ins Gebäude ziehen durch Wintergarten und Verglasung. Unser Vorschlag war abreissen. Laut Architekt: wegen Statik wäre beides kostenneutral. Nahmen wir also den Wintergarten.
Im August 2023 kam Rechnung 1:
Leistungsbild nach § 34 HOAI vereinbart erbracht
1. Grundlagenermittlung 2% 2%
2. Vorplanung 7% 7%
3. Entwurfsplanung 15% 10%
4. Genehmigungsplanung 0% 0%
5. Ausführungsplanung 25% 0%
6. Vorbereitung der Vergabe 10% 0%
7. Mitwirkung bei der Vergabe 4% 0%
8. Objektüberwachung 32% 0%
9. Objektbetreuung 0% 0%
insgesamt 95% 19%
Anrechenbare Kosten gern. § 33 HOAI:
Kostengruppe nach DIN 276 [12.08]
300 Baukonstruktionen 225.000,00 EUR
400 Technische Anlagen 75.000,00 EUR
Soweit so gut. Die 300.000 Euro waren so geschätzt und kommuniziert und abgesegnet. Es wurden Fragen geklärt zu Fenster, Türen unsw.
Im Oktober 2023 kam Rechnung 2:
Leistungsbild nach § 34 HOAI vereinbart erbracht
1. Grundlagenermittlung 2% 2%
2. Vorplanung 7% 7%
3. Entwurfsplanung 15% 13%
4. Genehmigungsplanung 0% 0%
5. Ausführungsplanung 25% 20%
6. Vorbereitung der Vergabe 10% 5%
7. Mitwirkung bei der Vergabe 4% 0%
8. Objektüberwachung 32% 0%
9. Objektbetreuung 0% 0%
insgesamt 95% 47%
Anrechenbare Kosten gern. § 33 HOAI:
Kostengruppe nach DIN 276 [12.08]
300 Baukonstruktionen 225.000,00 EUR
400 Technische Anlagen 75.000,00 EUR
Anscheinend immer noch alles gut.
Im November 2023 bekamen wir dann den Sanierungsfahrplan des Energieberaters, welcher Maßnahmen in Höhe von etwa 140.000 Euro vorsah (vor Förderung). Laut Architekt alles im Grünen Bereich. Budget ist noch haltbar.
Wir fingen an, Angebote für Heizung und Elektro einzuholen. Das war unsere Aufgabe. Heizkörper wären nicht geeignet für Wärmepumpe. Wir entschieden uns für Fussbodenheizung und schickten dem Architekten die Angebote.
Die Angebote für Elektro, Wärmepumpe, PV waren in Summe bei etwa 140.000 Euro, aber anscheinend war noch alles im Budget.
Rechnung 3 kam im April 2024:
Leistungsbild nach § 34 HOAI vereinbart erbracht
1. Grundlagenermittlung 2% 2%
2. Vorplanung 7% 7%
3. Entwurfsplanung 15% 13%
4. Genehmigungsplanung 0% 0%
5. Ausführungsplanung 25% 25%
6. Vorbereitung der Vergabe 10% 7%
7. Mitwirkung bei der Vergabe 4% 0%
8. Objektüberwachung 32% 0%
9. Objektbetreuung 0% 0%
insgesamt 95% 54%
Anrechenbare Kosten gern. § 33 HOAI:
Kostengruppe nach DIN 276 [12.08]
300 Baukonstruktionen 225.000,00 EUR
400 Technische Anlagen 75.000,00 EUR
Wie man sieht hatten die technischen Angebote hier noch keine Änderung bewirkt. Die Aussage des Architekten war auch, dass wir gucken, wo wir landen, wenn alles da ist.
Im Juni 2024 kam die Info vom Architekten, dass langsam alle Angebote reinkommen und man im Juli mit der Erstellung des Kostenanschlags rechnet.
Es war noch immer keine Rede von irgendwelchen dramatischen Budgetüberschreitungen.
Dann: Stille. Ende August habe ich mal angerufen und um ein Gespräch gebeten. Vorweg gab es eine E-Mail. Eine Aufstellung der einzelnen Posten wie Malerarbeiten etc.
Kostengruppe 300 läge jetzt in Summe bei 420.000 Euro, würde wohl aber bei 400.000 Euro. Dazu kämen natürlich noch die Technischen Anlagen, deren Angebote sich auf etwa 140.000 Euro beliefen.
Abends dann ein Telefonat. Wir waren natürlich überrascht und aufgelöst. Es kam die Info, dass kaum Handwerker auf die Ausschreibung für den Wintergarten reagiert hätten. Die, die reagiert hätten, hätten sehr hohe Preisvorstellungen. Aber er würde noch auf ein Angebot eines Generalunternehmers warten und erfahrungsgemäß würde die Kosten nochmal um ca. 65.000 Euro sinken. Also 335.000 Euro für Gruppe 3. Wir sollten uns erst mal ruhig die Leistungsverzeichnisse ansehen und prüfen, was wir davon in Eigenleistung machen könnten und wollten. Ausserdem sollten wir mit dem Energieberater klären, was wir überhaupt machen müssten nach GEG, und ob wir irgendwas streichen wollten. Ebenso sollten wir mal mit der Bank sprechen. Wenn all diese Dinge durch wären, würden wir dann wieder sprechen, um dann Ende des Jahres loszulegen.
Nun, wir taten diese Dinge und ich bat um ein Gespräch. Das wäre jetzt leider nicht möglich, wegen Urlaub ab dem nächsten Tag. Gut. Kein Problem Schönen Urlaub dann.
Am gleichen Nachmittag finde ich Rechnung Nr. 4 im Briefkasten (September 2024):
Leistungsbild nach § 34 HOAI vereinbart erbracht
1. Grundlagenermittlung 2% 2%
2. Vorplanung 7% 7%
3. Entwurfsplanung 15% 15%
4. Genehmigungsplanung 0% 0%
5. Ausführungsplanung 25% 25%
6. Vorbereitung der Vergabe 10% 7%
7. Mitwirkung bei der Vergabe 4% 0%
8. Objektüberwachung 32% 0%
9. Objektbetreuung 0% 0%
insgesamt 95% 56%
Anrechenbare Kosten gern. § 33 HOAI:
Kostengruppe nach DIN 276 [12.08]
300 Baukonstruktionen 400.000,00 EUR
400 Technische Anlagen 140.000,00 EUR
Dadurch ist das Gesamthonorar schön angestiegen. Ich war schockiert. Ebenfalls entsprach das Fälligkeitsdatum der Rechnung dem Enddatum des Urlaubs des Architekten. Normalerweise hätte ich mir das jetzt in Ruhe angeschaut, meine Fragen notiert und vielleicht schon per Internet geklärt und dann mal um ein klärendes Gespräch gebeten.
Dieser Möglichkeit fühlte ich mich beraubt und versuchte, den Architekten zu erreichen. Nun, mein Unverständnis traf auf sein Unverständnis. Ich sagte, ich verstehe nicht, warum ein Zwischenstand der Angebote plötzlich die Grundlage für die anrechenbaren Kosten sein sollen. Wir hatten doch schon gesagt, dass wir das so nicht machen würden. Er hatte ja selber auch gesagt, dass die Beträge noch nicht final seien und er noch auf weitere Angebote warte. Das Ganze wurde interpretiert als Zweifel an der geleisteten Arbeit. Er und seine Mitarbeiter hätten sich das schon verdient. Er könnte sein Büro anweisen, mir alle Berechnungen zu schicken. Und überhaupt: ich hätte mir ja vom Energieberater all diese Maßnahmen aufschwatzen lassen und auf die KFW-Förderung bestanden. Und ob ich keine Zeitung lesen würde, es wäre ja bekannt, wie es gerade in der Baubranche abginge. Nun, offensichtlich fühlte er sich von meinen Fragen angegriffen. Ich versuchte zu erklären, dass ich mich überrascht fühlte und mir gewünscht hätte, dass er die Rechnung mit uns bespricht und entprechend nach seinem Urlaub und nach den ganzen Schritten, die wir gerade erst besprochen hatten, geschickt hätte. Er meinte darauf, dass er sich merkt, dass er Rechungen nach dem Urlaub und nicht nach getaner Arbeit zu schicken hat. Naja. Wir beendeten das Gespräch.
Fragen:
Wir sind nun etwas ratlos. Was wir schon getan haben: Wir haben heute der Rechnung widersprochen bis wir die offenen Fragen klären können.
Aber wieso kann der Architekt einfach Phase 3 als beendet erklären, ohne das wir dazu etwas sagen konnten. Und wieso werden Angebotszahlen genommen, die weder final sind noch jemals so beauftragt werden? Ist das so rechtens? Ausser der Kostenauflistung per Mail (Malerarbeiten, Dachdeckerarbeiten etc.) eine Woche vorher haben wir keine Aufstellungen bekommen, keine Information, ab wann das bekannt war und keine Aufforderung, da irgendetwas abzusegnen.
Ich vermute mal, wenn ich das richtig verstanden habe, dass die am Ende von Phase 3 gesetzten anrechenbaren Kosten auch für alle weiteren Phasen gelten?
Wie kann Phase 5 schon beendet sein, bevor wir überhaupt entschieden haben, was wir machen?
Ich danke schon mal jedem, der das bis hier gelesen hat und hoffe auf ein paar Tips.
Was können wir tun? Ist der Architekt im Recht und wir einfach zu naiv? Anwalt?