HOAI-Forum
Genehmigungsphase LP4 Tragwerksplanung bei nicht prüfpflichtigen Vorhaben
Hallo allerseits,
Ich bin Bauherr eines Einfamilienhauses mit Einliegerwohnung (Gebäudeklasse 1 nach maßgeblicher BauO). Das Gebäude wird durch Anbau und Aufstockung eines bestehenden 30er Jahre Hauses errichtet. Zur Umsetzung habe ich einen Tragwerksplaner beauftragt, der LP 1-3 bereits abgeschlossen und abgerechnet hat. Da die Baukosten inzwischen nach Vertrag Bauunternehmer wesentlich gestiegen sind, verhandeln wir mit dem Tragwerksplaner neu über die Vergütung in den künftigen Leistungsphasen.
Die Baugenehmigung ist erteilt, das Vorhaben ist nicht prüfpflichtig. Für die Baufreigabe war nur eine formularmäßige Bestätigung zum Standsicherheitsnachweis erforderlich (aber keine Berechnungen usw.), der schon erteilt wurde. Nach meinem Verständnis folgt daraus ein erheblich geminderter Leistungsumfang in LP4, denn in Anlage 14 zu §51 HAOI heißt es:
LPH 4 Genehmigungsplanung | |
a) Aufstellen der prüffähigen statischen Berechnungen für das Tragwerk unter Berücksichtigung der vorgegebenen bauphysikalischen Anforderungen b) Bei Ingenieurbauwerken: Erfassen von normalen Bauzuständen c) Anfertigen der Positionspläne für das Tragwerk oder Eintragen der statischen Positionen, der Tragwerksabmessungen, der Verkehrslasten, der Art und Güte der Baustoffe und der Besonderheiten der Konstruktionen in die Entwurfszeichnungen des Objektplaners d) Zusammenstellen der Unterlagen der Tragwerksplanung zur Genehmigung e) Abstimmen mit Prüfämtern und Prüfingenieuren oder Eigenkontrolle f) Vervollständigen und Berichtigen der Berechnungen und Pläne |
Dennoch setzt er hier 30% der AKO an mit der Begründung, dass in Leistungsphase LP4 "die Genehmigungsstatik erzeugt wird – die eigentliche Statik. Diese Dokumentation ist für die Ausführung wichtig und unabdingbar. In der Statik enthalten sind bereits Teile der LP5 (diverse Skizzen und Anschlussstellen als Leitdetails für die Firma). Die Leistungsphase 5 umfasst die Schal- und Bewehrungspläne der Massivbauteile und Übersichtspläne."
Nach meinem Verständnis bezieht man sich hier auf LP4 Lit. c) (Anfertigen der Positionspläne für das Tragwerk oder Eintragen der statischen Positionen).
Meine Frage ist nun, ob das bei einem nicht prüfpflichtigen Gebäude zwingend erforderlich ist oder ob das nicht durch LP 5 Lit c) (Zeichnerische Darstellung der Konstruktionen mit Einbau- und Verlegeanweisungen, zum Beispiel Bewehrungspläne, Stahlbau- oder Holzkonstruktionspläne mit Leitdetails) für die Verwendung durch den Bauunternehmer umfasst wird.
Sofern LP 4 hier dennoch erforderlich wird, ist der Kostenansatz von 30% für mich nur schwerlich nachvollziehbar, da keine Prüfdokumentation erstellt und abgestimmt werden muss. Oder habe ich etwas übersehen?
Vielen Dank, beste Grüße!
Guten Tag,
bei nicht prüfpflichtigen Bauvorhaben tritt an die Stelle der Prüfung durch einen Externen (Prüfstatiker) die Eigenkontrolle (auch dies ist häufig eine Kontrollrechnung auf andere Art). Die (prüffähigen, wenn auch nicht extern prüfbedürftigen) Ausdrucke der Berechnungen sind dabei für die Eigenkontrolle ebenso notwendig wie als Grundlage für z.B. die Bewehrungszeichnungen in Lph. 5 (z.B. durch Angabe der benötigten Stahlquerschnitte u.a.m.). Aufwand wird dabei also nicht gespart, insofern ist auch keine Honorarminderung angezeigt.
Einige andere Aussagen in Ihrem Posting lassen jedoch aufhorchen:
– Seit 2009 ist die Berechnungsgrundlage für das Honorar die Kostenberechnung und gerade nicht nachfolgende Kostenermittlungen (z.B. Kostenanschlag = Zusammenstellung von Unternehmerangeboten). Eine Neuverhandlung des Honorars wird dann auch nicht benötigt. Sagt Ihr Vertrag da etwas anderes?
– Für Lph. 4 werden 30% des Tabellenhonorars angesetzt (§ 55 Abs. 1 HOAI), aber nicht 30% der anrechenbaren Kosten.
– Einige konstruktive Details werden bereits in Lph. 3 erbracht (vgl. Lph. 3c in Anlage 14.1 HOAI), Leitdetails sind in Lph. 5c bei Holzkonstruktionen erwähnt. In Lph. 4 steht nichts von Leitdetails in den Grundleistungen. Achten Sie darauf, dass Lph. 3 vollständig erbracht wurde, wenn Sie die auch vollständig bezahlen.
Tipp für alle Leser
Auch bei der Tragwerksplanung gilt: lesen Sie mal die HOAI (hier: §§ 49–52 und Anlage 14), wenn Sie Leistungen der Tragwerksplanung beauftragen.
Mit herzlichen Grüßen
Friedhelm Doell
ö.b.v. HOAI-Sachverständiger
doell@doellconsult.de
Vielen Dank für die rasche Antwort.
Veröffentlicht von: @fdoellSeit 2009 ist die Berechnungsgrundlage für das Honorar die Kostenberechnung und gerade nicht nachfolgende Kostenermittlungen (z.B. Kostenanschlag = Zusammenstellung von unternehmerangeboten).
Leider sieht der bisherige Vertrag mit dem Statiker eine Anpassungsklausel dergestalt vor, dass das Honorarangebot angepasst werden kann, sofern künftig eine Kostenschätzung/Kostenfeststellung vorgenommen wird. Diese Klausel hatte ich beim Aushandeln des Vertrags (was bereits zwei Jahre zurück liegt) übersehen. Damals war aus meiner Sicht natürlich auch nicht absehbar, dass sich der Kostenrahmen des Bauvorhabens ohne konstruktive Änderung um ca. 1/3 im Preis allein durch Zeitablauf zu meinen Lasten erhöhen.
Veröffentlicht von: @fdoellFür Lph. 4 werden 30% des Tabellenhonorars angesetzt (§ 55 Abs. 1 HOAI), aber nicht 30% der anrechenbaren Kosten.
Korrekt, mein Fehler in der Schilderung des Sachverhalts.
Vielen Dank nochmals für die Rückmeldung!
Leider sieht der bisherige Vertrag mit dem Statiker eine Anpassungsklausel dergestalt vor, dass das Honorarangebot angepasst werden kann, sofern künftig eine Kostenschätzung/Kostenfeststellung vorgenommen wird. Diese Klausel hatte ich beim Aushandeln des Vertrags (was bereits zwei Jahre zurück liegt) übersehen. Damals war aus meiner Sicht natürlich auch nicht absehbar, dass sich der Kostenrahmen des Bauvorhabens ohne konstruktive Änderung um ca. 1/3 im Preis allein durch Zeitablauf zu meinen Lasten erhöhen.
Das sollten Sie noch einmal genauer prüfen. Vorläufige Kostenannahmen in Verträgen sind in der Regel NICHT pauschal und das Honorar daraus auch nicht. Die HOAI sieht seit 2009 vor, dass für alle Leistungsphasen die Kostenberechnung (wird am Ende des Entwurfs erstellt) maßgeblich ist, solange die nicht vorliegt, die Kostenschätzung (vom Ende der Vorplanung). Danach werden die anrechenbaren Kosten nach dem Willen des Verordnungsgebers nicht mehr angepasst, das Honorar soll erklärtermaßen von tatsächlichen Baukosten unabhängig sein.
Abweichende Vereinbarungen sind möglich, z.B. dass für bestimmte Leitungsphasen die Kostenfeststellung (tatsächliche Kosten) massgeblich sein soll. Aber: wurde im Vertrag tatsächlich „Kostenschätzung/Kostenfeststellung“ so geschrieben?
Mit herzlichen Grüßen
Friedhelm Doell
ö.b.v. HOAI-Sachverständiger
doell@doellconsult.de
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