HOAI-Forum
Unterschreitung der Mindestsätze
Guten Tag,
folgende Frage hätte ich:
Ich habe einem Bauherren ein Angebot für die Leistungsphase 1-4 unterbreitet, die unterhalb der Basissätze nach HOAI 2021 liegen.
Es liegt uns kein Werkvertrag vor. Eine Beauftragung erfolgte auf Basis des (schriftlichen) Angebots.
Jetzt hält der Bauherr nach abgeschlossener, ordnungsgemäßer Leistungserbringung Zahlungen zurück und möchte weitere Leistungen, die eher in Leistungsphase 5 fallen "erzwingen", die er meiner Meinung nach beauftragen kann, aber nicht möchte.
In der HOAI liest es sich so, dass Basissätze unterschritten werden können, dies aber auf Basis eines Werkvertrags geschehen muss. Sollte kein Werkvertrag vorliegen, greifen die Basissätze wieder.
Sollte es zu einem Rechtsstreit kommen, kann ich mich darauf berufen, dass kein Werkvertrag vorliegt, sodass als Orientierung einer angemessenen Zahlung die Basissätze nach HOAI herangezogen werden können oder gilt das angenommene Angebot bereits als abgeschlossener Werkvertrag und die HOAI damit völlig ausscheidet?
Vielen Dank für die fachkundigen Antworten!
Guten Tag,
der Titel 9 des BGBs (Bürgerliches Gesetzbuch, gilt immer, braucht also keine individuelle Vereinbarung) regelt seit 2018 im Titel 9 „Werkvertrag und ähnliche Verträge“ mit dem Untertitel 1 (§§ 631-650o) das Werkvertragsrecht und mit dem Untertitel 2 (§§ 650p-650t) den Architektenvertrag und Ingenieurvertrag. Im letztgenannten Untertitel gibt es aber etliche Verweise auf das Werkvertragsrecht.
Wenn Sie also auch keinen unmittelbaren Werksvertrag abgeschlossen haben, dürfte es aber doch ein (nach dem BGB „dem Werkvertrag ähnlicher“) Architekten- oder Ingenieurvertrag sein. Ohne jeglichen Vertrag hätte weder der Auftraggeber einen Anspruch auf Leistung durch Sie noch Sie einen Anspruch auf Zahlung durch den Auftraggeber.
Wenn Sie einen Auftrag für Lph. 1-4 bearbeitet haben, also eine vollständige konstruktive Planung mit Integration aller technischen Anlagenplanungen, Terminen und Kostenberechnung vorliegt und das Bauvorhaben genehmigt ist, sind die wohl abgeschlossen. Um eine Schlussrechnung stellen zu können, müssen Sie eine Abnahme verlangen. Diese kann nur verweigert werden, wenn Mängel an Ihrer Planung vorliegen, die nicht unwesentlich sind (§ 640 BGB und Verweis darauf in §650q Abs. 1). Ob die Leistungen ordnungsgemäß abgeschlossen sind oder nicht, muss sich in einem Abnahmeprotokoll niederschlagen.
Wenn der AG weitere Leistungen von Ihnen haben möchte, sollten Sie ihm anhand der Grundleistungen der Lph. 1-4 aufzeigen, dass Ihr Auftrag abgewickelt ist und wieso die gewünschten Leistungen in die noch nicht beauftragte Lph. 5 fallen. (Wenn Sie dazu verbale Unterstützung bräuchten, müssten Sie mitteilen, welche Leistung der AG genau haben möchte und wieso er meint, dass das in dem Auftrag für Lph. 1-4 enthalten sei).
Die HOAI spricht nicht davon, dass Werkverträge abgeschlossen sein müssen, damit bestimmte Rechtsfolgen eintreten. Sie befasst sich in der Sache nur mit vorliegenden Planungsverträgen. Sie war bei Abschluss des Vertrags bis 31.12.2020 Preisrahmen-Kontrollrecht mit verbindlichen Mindest- und Höchstsätzen. Für Verträge, die ab dem 1.1.2021 abgeschlossen wurden, hat sie nur noch Orientierungscharakter (d.h. keine verbindlichen Ober- und Untergrenzen für das Honorar). Nur wenn die Parteien zwar Grundleistungen nach der HOAI als vertraglich zu erbringende Leistungen vereinbart haben, aber keine Vergütungsregelung dazu, nennt die HOAI als Auffangregelung eine Vergütung nach den Basissätzen (§7 Abs. 1 HOAI).
Wenn der AG von Ihnen über den bislang erteilten Auftrag hinaus weitere Leistungen wünscht, können Sie ihm ein Angebot unterbreiten. Beauftragt er dies (wiederum als Planungsvertrag, möglicherweise als Erweiterung des ursprünglichen Vertrags oder nach erfolgter Abnahme und Schlusszahlung auch als neuer Vertrag) nur dem Grunde und nicht der Höhe nach, können Sie die erbrachten Leistungen nach den Regeln der HOAI auf Grundlage der Basissätze abrechnen. Einen Anspruch, weiterhin weniger als die Basissätze bezahlen zu müssen, hat der Bauherr nur, wenn das so vereinbart wurde.
Mit herzlichen Grüßen
Friedhelm Doell
ö.b.v. HOAI-Sachverständiger
doell@doellconsult.de
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