HOAI-Forum
Wann hat Architekt was zu leisten
Ich baue ein Praxisgebäude mit einem Architekten. Der Architekt hat zum derzeitigen Zeitpunkt bereits bis zur Leistungsphase 7 Abschlagsrechnungen erstellt. Eine Kostenschätzung habe ich nie erhalten, auf Anfrage habe ich die erst nach Erteilung der Baugenehmigung und Rohbaubeginn erhalten, sie war 6 Monate zurückterminiert, da hatte ich aber eine Kostenberechnung gefordert. Diese Berechnung wurde mir dann nochmals mit den gleichen Zahlen als Kostenberechnung übermittelt. Ich habe den Architekten dann mitgeteilt, dass ich bei Planung ihm eine Kostenobergrenze genannt habe, da wurde mir vom Architekten mitgeteilt, dass er keine Kostenobergrenze vertraglich vereinbaren würde. Mein Budget ist aber nicht unendlich! Ich habe den Architekten immer wieder gefragt, was von mir als Bauherrn zu leisten ist, er sagte, er kümmere sich und ich soll ihn arbeiten lassen. Nun bauen wir schon seit zwei Monaten, es fehlt der Baustrom und das Bauwasser, wurde zu spät beantragt, es muss mit Notstrom und Wasser vom Nachbarn gearbeitet werden, Mehrkosten 3000€. Bauantrag erhielt ein Carport, dass auf die Grenze gebaut werden soll, wurde abgelehnt, Architekt hat nun Widerspruch eingelegt, wurde dann als Nachtrag genehmigt mit weiteren Kosten. Ist aus meiner Sicht kein Nachtrag. Ich habe 6 Monate auf die Baugenehmigung gewartet, jetzt fängt der Architekt erst an Angebote reinzuholen. Wann erstellt der Architekt Leistungsverzeichnisse und holt Angebote ein. Es erfolgt immer nur Stück für Stück und die Handwerker haben lange Vorlaufzeiten. Nach Rohbaubeginn liegen noch keine weiteren Angebote vor, müsste es nicht auch einen Terminplan geben.
Guten Abend @assi12,
ganz wichtig für die Beurteilung sind die tatsächlichen Vertragsinhalte. Haben Sie denn einen schriftlichen Vertrag mit dem Architekten (in dem auch z. B. die Kostenobergrenze mit aufgeführt ist) und aus dem die durch den Architekten geschuldete Leistungsinhalte eindeutig hervorgehen?
Damit Sie im Wesentlichen wissen, was ein Architekt grds. zu leisten hat, wenn ihm die entsprechenden Leistungsphasen übertragen wurden, können Sie in die Anlage 10 der HOAI reinschauen. Hier sind in der linken Spalte die Grundleistungen und in der rechten Spalte die Besonderen Leistungen aufgeführt. Jeweils in Abhängigkeit von der jeweiligen Leistungsphase.
Die von Ihnen geforderte Kostenschätzung wird zum Abschluss der Leistungsphase 2 (Vorentwurf) erstellt. Die Definition der Kostenschätzung und auch die ihr zu Grunde liegenden Planungsinhalte können Sie dem § 2 Abs. 10 HOAI entnehmen.
Die Kostenberechnung wird zum Abschluss der Leistungsphase 3 (Entwurfsplanung) erstellt. Die Definition der Kostenberechnung und auch die ihr zu Grunde liegenden Planungsinhalte können Sie dem § 2 Abs. 11 HOAI entnehmen. U.a. stellt die Kostenberechnung nach der HOAI 2013 auch die Grundlage für die Berechnung der anrechenbaren Kosten und somit des Honorars.
Der erste Terminplan muss bereits in der Leistungphase 2 erstellt werden (s. LPH 2 (h)). In den weiteren Leistungsphasen erfolgt die entsprechende Anpassung.
So wie Sie oben schildern verläuft die Zusammenarbeit mit dem von Ihnen beauftragten Architekten alles andere als optimal. Weiterer Ärger scheint hier vorprogrammiert zu sein.
Wenn Sie nicht weiter kommen, melden Sie sich einfach.
FLEMING.CONSULTING.
Sachverständigenbüro für Honorare & Leistungen der Architekten und Ingenieure (HOAI)
Vergabeberater (VgV & UVgO)
Büro: 0212-23282378
Mobil: 0157-75703987
E-Mail: info@fleming-consulting.de
Web: www.fleming-consulting.de
Hallo,
vielen Dank für die Antwort. Wie schon befürchtet haben sich die veranschlagten Kosten aus der Kostenberechnung , die ich erst in Leistungsphase 6 erhalten habe, nun um fast 40% erhöht. Im Vertrag wurde keine Kostenobergrenze vereinbart, da der Architekt nach seiner Aussage, dies nie macht. Ich habe ihm allerdings damals mein Budget unmissverständlich mitgeteilt und er nannte mir damals auch einen qm Preis von 2.500€, und diesen Preis auch mit der Kostenberechnung,nun sind wir bei 3800€. Laut Vertrag waren schriftlich nur Lph 1 bis 4 vereinbart, es wurde jedoch stillschweigend weitergearbeitet und wir sind nun bei Lph 7 angekommen. Der Architekt ist der Meinung, die Erhöhungen hängen mit Corona und den damit verbundenen Preissteigerungen zusammen, aber m.E. hätte er das im Mai dies doch schon erkennen müssen und auch nicht gegengesteuert. Ich habe nun Sorge, dass der Architekt sein Honorar auf Basis der nun wesentlich erhöhten Kosten bekommt, obwohl er Angebote nur sehr schleppend eingeholt hat, obwohl bekannt ist, dass Handwerker lange Vorlaufzeiten haben, und auch immer überteuert, ich habe mich dann selbst um günstigere Angebote gekümmert. Der Terminplan wird auch nicht mehr eingehalten. Was kann der Architekt noch beanspruchen, wenn ich mit ihm nicht mehr weiterarbeite, kann er Lph8 auch anteilig abrechnen?
Guten Tag,
einen Anspruch auf entgangenen Gewinn bei Kündigung bereits beauftragter Leistungen hat der Planer nur, wenn er den Auftrag als solchen nachweisen kann.
In Ihrer Situation scheint die Beratung durch einen Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht oder auch einen Honorarsachverständigen anzuraten. Um einen Sachverständigen in Ihrer Nähe zu finden, schauen Sie bitte auf www.svv.ihk.de unter "Honorare (Architekten und Ingenieure)" und wählen "Sortierung nach Postleitzahl".
Sie müssen sich darüber klar werden, was Sie beauftragt haben (und was nicht) und dieses auch mit Fristsetzungen einfordern, damit Ihnen das Projekt nicht aus dem Ruder läuft. Dabei helfen Ihnen solche Fachleute. Das Honorar für diese ist angesichts der Wichtigkeit Ihres Projektes gut angelegt.
Mit herzlichen Grüßen
Friedhelm Doell
ö.b.v. HOAI-Sachverständiger
doell@doellconsult.de
Die Vorgabe einer Kostenobergrenze muss nicht zwingend vertraglich festgehalten werden. Diese kann auch nachvertraglich kommuniziert werden. Diese stellt dann u. U. eine Beschaffenheitsvereinbarung dar und ist einzuhalten.
Vor einer Kündigung des Vertragsverhältnisses empfehle ich Ihnen, Ihren Standpunkt prüfen zu lassen, um alle möglichen Risiken dieses Schrittes im Vorfeld ausfindig zu machen, zu kennen und entsprechend zu bewerten.
Sollten Sie das Vertragsverhältnis auf jeden Fall auflösen wollen, kann man so im Vorfeld eine Strategie überlegen, damit Sie nicht als Verlierer aus der Sache herausgehen. Bei solchen Trennungen und möglichen späteren Auseinandersetzungen ist derjenige besser gestellt, der von Anfang an „mehr Pfeile im Köcher“ hat. 😀
FLEMING.CONSULTING.
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