HOAI-Forum
Zusätzliche Leistungen nach Stunden
Werte Forumsteilnehmer,
kann man, auch wenn man die ursprünglichen Grundleistungen nach HOAI 2021 (anrechenbare Kosten, % LPH,...) vereinbart hat, alle zusätzlichen Leistungen (auch Wiederholung von Grundleistungen bzw. Erweiterung des Leistungsumfangs) nach Stunden vereinbaren?
Gibt es dazu schon Urteile oder Kommentare?
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Mitglied
Hallo @mitglied,
wenn ich die Frage in den richtigen Zusammenhang einordne (wenn die Frage anders gemeint war, dann bitte um Korrektur), dann gibt es bei der Frage nach der Abrechnung bei der Änderung des vertraglich vereinbarten Leistungsumfangs aktuell unterschiedliche Ansichten.
Hierzu habe ich einen Langaufsatz bei IBR verfasst:
"Das einseitige Anordnungsrecht nach § 650b Abs. 2 BGB und die HOAI 2021: Ein schmerzhafter Peitschenhieb oder doch der erlösende Befreiungsschlag?"
https://www.ibr-online.de/IBRNavigator/dokumentanzeige.php?zg=0&HTTP_DocType=Aufsatz&DokumentID=999
Einige Meinungen vertreten die Ansicht, dass z. B. im Zuge einer einseitigen Anordnung des Auftraggebers und bei fehlender Einigung der Parteien über die Vergütung nach § 650b Abs. 2 BGB i. V. m. § 650 q Abs. 2 BGB und § 7 Abs. 1 Satz 2 das Basishonorar gilt. Andere vertreten die Meinung, dass eine Fortschreibung nach § 10 HOAI zur Anwendung kommt.
In Ihrem Fall könnte ich mir die Konstellation so vorstellen:
- Sie als AG haben einen Vertrag nach HOAI geschlossen
- die Zusatzleistungen möchten Sie aber nach Stunden abrechnen lassen
- der AN könnte sich auf die Fortschreibung gem. § 10 HOAI berufen
oder
- Sie ordnen die Leistungen einseitig - bei fehlender Einigung über die Honorierung - an, dann könnte die o.g. Rechtskette greifen, die letztendlich wieder beim § 7 Abs. 1 Satz 2 HOAI 2021 landet.
Andere Meinungen als Diskussionsgrundlage sind willkommen 🙂
FLEMING.CONSULTING.
Sachverständigenbüro für Honorare & Leistungen der Architekten und Ingenieure (HOAI)
Vergabeberater (VgV & UVgO)
Büro: 0212-23282378
Mobil: 0157-75703987
E-Mail: info@fleming-consulting.de
Web: www.fleming-consulting.de
Hallo Herr Flemming,
wir möchten generell für zusätzliche Leistungen nur ein Angebot nach Stunden haben (nicht nach anrechenbaren Kosten und/oder % LPH), welches wir dann leichter prüfen/vereinbaren können und welches den tatsächlichen zusätzlichen Aufwand wiederspiegelt und nicht von fiktiven Größen ausgeht, was m.E. für beide Seiten (Auftraggeber und Auftragnehmer) fairer ist.
Ist dies durch HOAI und BGB gedeckt? Gibt es dazu schon Urteile oder Kommentare?
Zu dem Link habe ich leider keinen Zugang.
Ihr Mitglied
Die HOAI 2021 beinhaltet im Wesentlichen unverbindliche Orientierungshonorare. Es gilt immer die Vereinbarung, die Sie (zumindest) in Textform treffen müssen (§7 Abs. 1). Nur wenn das nicht erfolgt ist, tritt §7 Abs. 2 mit den Basishonoraren in Kraft.
Die Frage von @Mitglied ist also so zu beantworten, dass Sie jegliche Form von Vereinbarung für die Honorierung zusätzlicher oder geänderter Leistungen treffen können.
Dass dabei die Parteien die Frage nach der Angemessenheit einer solche Zusatzhonorierung möglicherweise unterschiedlich sehen, liegt in der Natur der Sache.
Wenn keine Einigung über die angemessene Vergütung erzielt wird (das war allerdings nicht die Frage, die dreht sich um zulässige Vereinbarungen) und darum gestritten wird, kann ein vom Gericht herangezogener Sachverständiger rechtlich nur auf §10 HOAI verweisen, dass die Parteien sich einigen sollen. Aber wenn ein Sachverständiger vom Gericht aufgefordert wird, eine angemessene Lösung vorzuschlagen, können Literaturmeinungen zur Beschreibung der möglichen Bandbreite hilfreich sein; einen konkreten Vorschlag wird man aber im konkreten Fall immer selbst erarbeiten und begründen müssen.
Mit herzlichen Grüßen
Friedhelm Doell
ö.b.v. HOAI-Sachverständiger
doell@doellconsult.de
Veröffentlicht von: @mitgliedwir möchten generell für zusätzliche Leistungen nur ein Angebot nach Stunden haben (nicht nach anrechenbaren Kosten und/oder % LPH), welches wir dann leichter prüfen/vereinbaren können und welches den tatsächlichen zusätzlichen Aufwand wiederspiegelt und nicht von fiktiven Größen ausgeht, was m.E. für beide Seiten (Auftraggeber und Auftragnehmer) fairer ist.
M. M. n. handelt es sich in Ihrem Fall um eine Rechtsfrage und keine Sachfrage. Somit wäre diese treffender von einem RA zu beantworten.
Aus meiner pers. Sicht wäre hier zu klären, wie die vertragliche Situation insgesamt aussieht. Wurde die HOAI 2021 der Beauftragung zugrunde gelegt, dann wäre sicherlich auf § 10 HOAI zu verweisen. Könnten die zusätzlichen Leistungen einen "neuen Vertrag" begründen, dann kann ich mir eine Honorarvereinbarung in "jeder Form" im Rahmen der Privatautonomie und ab dem 01.01.2021 außerhalb des bindenden Preisrechts vorstellen.
Ich lasse mich aber auch gerne von gegenteiligen Argumentation überzeugen.
FLEMING.CONSULTING.
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Zunächst vielen Dank an die Herren.
Gibt es denn dazu schon Kommentierung oder Rechtsprechung?
Ihr Mitglied
Das waren doch zwei Kommentare!
Im Ernst: was soll denn genau in einem Urteil (zur HOAI 2021?!) enthalten sein, damit Sie sich darauf berufen können? Oder anders herum gefragt: welche Behauptung mit welchem Beleg (Kommentar/Urteil) spricht denn aus Ihrer Sicht für eine zwingend andere Sichtweise auf diese Thematik und muss daher mit ebensolchen Belegen widerlegt werden?
Dass die HOAI 2021 nur noch Orientierungscharakter hat, steht in der Verordnung selbst drin (§ 1 „können“, § 2a Abs. 1 „Orientierungswerte“), da brauchen Sie keinen extra Kommentar oder gar ein Urteil.
Schwierig kann es für die Beteiligten allerdings werden, wenn nicht nur ein einmaliger Zusatzaufwand auf Zeithonorarbasis vereinbart werden soll, sondern wenn Sie bei einer Erweiterung der Art, dass sich eigentlich die anrechenbaren Kosten vergrössern, für die zusätzlichen Aufgaben auch bei folgenden Leistungsphasen immer nur Zeithonorare vergüten möchten - das kann man nämlich möglicherweise nicht eindeutig abgrenzen und damit die Stundenlisten weder genau führen noch prüfen.
Das Problem entsteht dann systematisch dadurch, dass Sie eine quasi-pauschale und per se aufwandsunabhängige Vergütung (nach HOAI-Tabellen) mit einer rein aufwandsbezogenen (Stundenbasis) mischen wollen. Ist wie gesagt zulässig, aber unpraktisch und konfliktbehaftet. Dann besser alles nach Stunden abrechnen (aber zu wirklich auskömmlichen Stundensätzen).
Mit herzlichen Grüßen
Friedhelm Doell
ö.b.v. HOAI-Sachverständiger
doell@doellconsult.de
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